US-Südstaaten machen Kehrtwende beim Wintergolf
In Amerikas Südstaaten ist der Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit in der Pflege von Golfplätzen leicht erkennbar: Der Golfer stößt während der Wintermonate auf so manchem Platz auf ein optisch faszinierendes Gemisch aus tiefgrünen Abschlägen, Vorgrüns und Puttflächen neben hellbraunen Fairways. Für den Europäer ist das auf den ersten Blick ungewohnt. Komplett vertrocknet sieht das aus – ist es aber nicht. Vielmehr stößt man seit etwa zehn Jahren während der Wintermonate vermehrt auf Golfplätze, die auf das sogenannte „Overseeding“ verzichten. Das spart Wasser, Grassamen und damit Kosten und sorgt obendrein noch für bessere Spielqualität.
Bermuda-Gras jetzt auch im Winter
Noch vor 15 Jahren war Overseeding Standard, weil sowohl der einheimische US-Golfer wie auch der Tourist von Golfplätzen in Florida, Kalifornien oder South Carolina tiefgrüne Spielflächen erwartete. Deshalb wurde für die Wintermonate im Herbst auf die Fairways mit ihrem Bermudagras, das über den Winter aufgrund der kühlen Nächte braun wird und „schläft“, Rye- oder Blue-Gras gesät. Das sorgte dann auch von November bis März für tiefes Dunkelgrün auf den Spielflächen.
Die Zeiten haben sich geändert: Speziell in den Privatclubs im Süden Amerikas ist Overseeding nur noch selten ein Thema. Laut Chris Hartwiger, Direktor des Beratungsservice der Green Section der United States Golf Association, sorgten die Rezession im Jahr 2009 und zunehmende Nachhaltigkeitsstandards dafür, dass zahlreiche Golfplätze in den Südstaaten den Overseeding-Prozess deutlich reduzierten.
50.000 Dollar Anreiz für Golfanlagen
In Kalifornien, seit gut zwei Jahrzehnten ein Bundesstaat mit permanentem Wassermangel, gingen Gemeinden und Wasserversorger sogar so weit, Golfplätzen eine Entschädigung zu bieten, wenn sie auf den wasserintensiven Prozess verzichteten. Das Palm Spring City Councel zum Beispiel zahlte den Plätzen zeitweise 50.000 Dollar, wenn sie größere Flächen aus dem Overseeding-Prozess nahmen.
Unabhängig von wirtschaftlichen und klimatischen Vorgaben blieb für die Golfplatzbetreiber von Beginn an eine Frage entscheidend: „Wie reagiert der Golfer auf die Tatsache, dass er die Wintermonate vermehrt auf braunem Gras spielt? „Wir haben ja Kunden in all‘ diesen Regionen mit den Resorts, sie kommen aus dem Nordosten und dem Nordwesten des Landes. Und sie erwarten eine bestimmte Art von Produkt, das wir auch bieten wollen“, resümierte Jeff Jensen, damals einer der Regional-Repräsentanten der Golf Course Superintendents Association of Amerika, schon vor mehr als zehn Jahren.
Deutliche Kostensenkung
Inzwischen ist die Sachlage geklärt: Auf Privatplätzen in South Carolina, Kalifornien, Georgia, auch in Florida wird in hohem Ausmaß auf Overseeding verzichtet, weil man dort ohnehin fast ausschließlich die eigenen Mitglieder auf dem Platz hat, die sich an die neue Farbgebung schnell gewöhnt haben. Die Kosteneinsparung ist enorm, zumal die Logistikprobleme in Amerika während der Corona-Krise zu einer Verdoppelung der Saatpreise geführt haben. In Arizona zum Beispiel gehen Head-Greenkeeper davon aus, dass die Overseeding-Kosten im Winter 2021 pro 1000 m² bei etwa 1000 Euro liegen. Die kompletten Kosten für einen Durchschnittsplatz von 60 Hektar werden mit etwa 600.000 Dollar kalkuliert.
Selbst absolute Top-Anlagen verzichten inzwischen auf den wasser- und kostenintensiven Saatprozess. Dies gilt sowohl für Spitzen-Privatclubs wie Yeaman’s Hall nahe Charleston (Bild oben), der zu den 100 besten Plätzen Amerikas zählt, aber auch für das High-End Resort Pinehurst mit seinen neun Golfkursen. Dort begann man bereits 1997, ein wirtschaftlich schwieriges Jahr, mit einer Änderung des Pflegeprogramms. Zuerst wurde das Rough aus dem Overseeding-Programm herausgenommen und blieb braun. Über die Jahre folgten weitere Flächen.
Die Kommunikation des Resorts im Hinblick auf die neue Optik war dabei klar positiv: Der Verzicht auf das Overseeding-Programm wurde auch als Rückkehr zu einer traditionelleren und historischen Form des Golfs gefeiert.
Inzwischen haben sich Amerikas Golfer längst an die braunen Winterplätze gewöhnt, während so mancher internationale Gast auf den ersten Blick vielleicht überrascht auf die Farben reagiert. Nach der ersten Runde ist die Skepsis aber überwunden. Was die Spielqualität von Bermudagras im Winter anbelangt, so ist sie erstklassig. Die Plätze spielen sich fester, die Bälle laufen weiter. „Firm and fast“ ist der Ansatz, den die Architekten der Golfplätze wie Pinehurst oder Yeaman’s Hall bereits Anfang des 20. Jahrhunderts verfolgten, als Golf mit wenigen Mitteln, ohne ein Übermaß an Wasser, Dünger und Personal möglich sein musste. Es funktioniert noch heute bestens.