Wer über die Herausforderungen des Klimawandels für den Golfsport spricht, wirft einen Blick nach unten – auf den Rasen. Gras ist die Essenz dieses Sports. Gesundes Gras ist die Grundlage einer hochqualitativen Spielfläche, die dafür sorgt, dass die Kundschaft kommt.
Mit dem Klimawandel geht zunehmendes Extremwetter in vielen Teilen Europas einher: Mal sind es längere Dürrephase, mal extrem starke Niederschläge, dann wieder Überflutungen. Nichts davon mag Gras besonders gerne. Dazu kommen wärmere Winter, feuchtere Luft. All‘ das zusammengenommen bekommt dem Golfsport nicht gut: Egal wohin man blickt, die Herausforderung eine kontinuierlich gute Spielfläche zu garantieren, wird größer, weil die Folgen des Klimawandels auch das Entstehen von Krankheiten auf Golfplätzen fördert. Der Pilz Dollarspot jedenfalls hat die Golfbranche im vergangenen Jahr in vielen Ländern in Atem gehalten.
Parallel zum Klimawandel verschärfen sich europaweit die Regulierungen der Behörden: Wasserentnahmemengen werden gekürzt, der Einsatz von Pestiziden stärker reguliert. Das Gras, ohnehin schon in der Defensive, braucht andere Praktiken, als jene, die Europas Greenkeeper über Jahrzehnte angewendet haben.
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Zwei Länder Europas stehen besonders im Fokus, wenn es um die Anpassung an den Klimawandel und die Neuausrichtung bei Grasauswahl und Pflege geht: Italien und Frankreich, zwei starke Golfnationen, die einiges gemeinsam haben. Spitzensport wird hier grossgeschrieben, der Tourismus spielt eine wichtige Rolle. Damit einher geht die Notwendigkeit, Topqualität bei den Spielflächen abzuliefern. In beiden Ländern herrschten über Jahrzehnte die Cool-Season-Gräser vor. Hier wie dort ist Wassermangel ein Problem. In Frankreich steht seit der Verschärfung des Labbé-Gesetzes im Jahr 2022 der Einsatz von Pestiziden komplett zur Disposition. „Das war ein Wake-up Call für alle“, resümiert Rémy Dorbeau, Präsident des Französischen Greenkeeperverbandes und einer der führenden Experten, wenn es um den Transformationsprozess zu nachhaltigem Greenkeeping geht.
Was ihn mit Alessandro de Luca, Leiter der Green Section des Italienischen Golfverbandes eint, ist der Glaube an wissenschaftliche Versuchsreihen. Dorbeau hat in Golf de Chantilly, wo er bis 2025 als General Manager tätig war, zig Versuchsfelder mit unterschiedlichsten Grasmischungen auf ihre Eignung getestet. Alessandro de Luca, Eigentümer von Golf de Montecchia, führte 2010 dort eine erste Versuchsreihe mit Bermudagras durch und setzte dann zusammen mit der Universität von Pisa eine längere Testreihe an. Seit 2016 wurde Bermudagras auf den Grüns von Golf de Montecchia getestet.
„Viele andere Golfplätze in Norditalien sind diesem Beispiel inzwischen gefolgt und das wiederum hat dazu geführt, dass auch die Welt des Fußballs inzwischen anfängt Bermudagrass einzusetzen“, resümiert de Luca zufrieden. In den Trainingszentren von Juventus Turin, Verona und dem FC Bologna wird inzwischen auf Bermudagrass trainiert.
Die Vorteile liegen laut de Luca auf der Hand: Wassereinsparungen von 40 bis 70 Prozent, 30 bis 80 Prozent geringerer Düngereinsatz, kein Bedarf für Pestizide, bessere Spielqualität und obendrein oftmals eine bessere Drainage.
In Frankreich sieht Dorbeau „Bermudagras vor allem auf den Fairways“ kommen, weist aber darauf hin, dass die Zukunft wahrscheinlich in individuellen Grasmischungen für jeden einzelnen Golfclub besteht. „Wir haben in Frankreich unterschiedliche Böden, unterschiedliches Klima, die Belastung ist überall anders. Wir reden also über sehr spezifische Anforderungen an das Gras.“ Darauf, so sein Ratschlag an die Golfclubs, könne auch die Antwort nur eine spezifische sein. „Ich rate jedem Greenkeeper dazu, sich seine eigenen Testfelder anzulegen.“ Weiterentwickelte Fescue-Sorten, die deutlich weniger krankheitsanfällig seien und ebenfalls weniger Waser verwenden, sind seiner Ansicht nach ebenso wie Bermudagräser Teil der Lösung.
Für Dorbeau ist die Zukunft spannend. Die Offenheit nach allen Seiten lässt ihn auch einen Blick auf Zoysia-Gräser werfen, die in Asien und Australien auf Golfplätzen nicht unüblich sind und auch eine hohe salzverträglicher sind. Angesichts der Tatsache, dass auch auf Mitteleuropas Golfplätzen recyceltes Wasser immer mehr ein Thema für die Golfindustrie ist, eine nicht unwesentliche Eigenschaft.
Wer mit de Luca und Dorbeau spricht, erkennt: Das Thema Gras im Golf ist ein Feld für Entdecker geworden. Der Klimawandel fordert vom Golfsport Innovationen. Nur wer bereit ist, Neues zu testen, wird am Ende bestehen.