Terme di Saturnia: Nachhaltig entschleunigen in der Toskana
Dies ist ein Ausflug in eine mögliche Zukunft des Golfsports. In eine Welt, in der Pflanzenschutzmittel komplett verboten sind. Im italienischen Terme di Saturnia ist das Szenario, über das Europas Golfszene seit dem Vorschlag der EU-Kommission zum Komplettverbot der Spritzmittel diskutiert, längst Realität. Aus einem einfachen Grund: Das Luxusresort mit 18-Löcher-Golfplatz befindet sich in Thermalwassergebiet.
Thermalwasser auf den Grüns
Wer hier ankommt, riecht sofort den Schwefel. Seit 3000 Jahren ist das schwefelhaltige Thermalwasser, das hier schon vor 3000 Jahren in römischen Quellen genutzt wurde, die Basis von Italiens größtem Thermalgebiet. Dass es ausgerechnet auf den Grüns des 18-Löcher-Platzes zum Einsatz kommt, würde man nicht vermuten. „2010 war das, da stand ich irgendwann in einem Gasthaus an der Bar und ein alter Mann erzählte mir, dass er das Wasser auch für den Garten und die Felder benutzt“, erinnert sich Head-Pro Procolo Sabbatino. „Seitdem versprühen wir es in der Regel einmal pro Woche auf den Grüns“. Nach einer vorsichtigen Testphase kam das Thermalwasser regelmäßig zum Einsatz. Der Schwefelgehalt liegt bei 0,527 Prozent pro Liter. „Es stärkt die Gräser“, hat Sabbatino erkannt. Der Ansatz ist ungewöhnlich, aber mit Blick auf die gut gepflegten Grüns erkennt man: Er wirkt.
In Terme di Saturnia ist ein nachhaltiger Betrieb der Golfanlage aufgrund der Thermen immer Grundlage des Greenkeepings gewesen. Der Championship-Platz wurde zwar mit viel Erdbewegungen gebaut, doch die Verwendung des wassersparenden Bermudagrases hat sich in den vergangenen trockenen Jahren als perfekte Entscheidung entpuppt, weil vergleichsweise wenig Wasser nötig war. Jenseits der Spielbahnen hat sich inzwischen eine hochwertige Naturlandschaft entwickelt. Große Hecken und unzählige Bäume ziehen Vögel an, Hasen und Kleintiere sieht man bei jeder Runde.
Olivenöl-Produktion auf dem Golfplatz
Hunderte von Olivenbäumen, die sich um Grünkomplexe und Spielbahnen reihen, werden für die Produktion des eigenen Olivenöls genutzt. Puristen des Golfspiels werden sich womöglich an den zahlreichen Gänseblümchen stören, die im Semirough blühen. Es ist eine der Konsequenzen der pestizidfreien Pflege. Mit etwas mehr Unkraut muss und kann der Golfer hier gut leben. Auf den Grüns haben Sabbatino und sein Greenkeeping-Team die Unkräuter aufgrund ständiger mechanischer Pflege aber im Griff.
Golftourismus an diesem Ort bedeutet für den Gast gewollte Entschleunigung. Bei nur 150 Clubmitgliedern und wenigen Greenfeespielern geht es hier nicht um Startzeitenreservierung oder Rundendurchschnittzeiten. „Jeder Golfplatz hat ein Leben“, sinniert Sabbatino vor sich hin. Dafür müsse man eben in Ruhe ein Gefühl entwickeln. Wer 18 Löcher lang versucht, dem durchaus anspruchsvollen Platz mit erstklassigem modernen Design des Amerikaners Ron Fream Herr zu werden, weiß, worüber er spricht. Golf ist hier auch ein Gesamterlebnis, das sich aus einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Sportanlage und Natur ergibt.
Die Zertifizierung mit GEO hat man als eine der ersten italienischen Anlagen schon 2014 durchgemacht. Die Vorstellung von sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit passt eben ins Gesamtkonzept. Terme di Saturnia ist der größte Arbeitgeber der Gegend, ein Großteil der Angestellten arbeitet hier schon seit Jahren. Die Gastronomie bezieht Wein, Fleisch und einen Großteil aller Produkte aus der Region. Der Hafen von Grosseto ist nur 90 Minuten Fahrzeit entfernt. „Selbst der Fisch kommt nicht von weit her“, weist General Manager Antonello Del Regno auf die Vorzüge hin. Geht es um regionale Lieferketten, ist das Resort top aufgestellt. „Bei uns gilt die Regel, farm to table.“
Entschleunigung als Urlaubsziel
„Die Gäste suchen immer mehr einen Urlaub, der in die Region integriert ist“, hat auch Federica Bucciotti festgestellt. Die Marketing-Chefin bewegt sich mit ihrem Produkt in einem Wellness- und Spa-Markt, in dem zum Beispiel auch der Lanserhof in Österreich oder das Resort Bad Ragaz in der Schweiz arbeiten. „Das Ziel und die Idee, sich als nachhaltige Destination aufzustellen, war wirklich hilfreich“, sagt sie. Die Vermeidung von Plastikmüll und Umstellung auf Glasflaschen war dabei nur eines von zahlreichen Projekten. Die Nutzung von Solarenergie steht als Nächstes an.
Schnell geht dabei die Realisierung von Umbauten innerhalb des großen Hotelareals nicht. Der italienische Genehmigungsalltag sei dabei nicht einfach, so hört man. Das puristische Bild der Toskana, die unverbauten Landschaften, ursprünglichen Städte basieren auf der rigiden Kontrolle der Behörden, die diesem Landstrich Italiens seine Ursprünglichkeit bewahrt hat. Einen modernen Hoteltower wie in Bad Ragaz wird es hier wohl nie geben. Braucht es auch nicht: Dann könnten die wunderbaren Zypressen nicht mehr so über die Gebäude ragen. So aber ist das Gesamtbild stimmig – und extrem beruhigend.