Landschaftsanalyse: GC München Eichenried steigert Biodiversität
Ein Stück Land im Wandel der Zeit: Von der Viehweide, dem Jagdgebiet im achten Jahrhundert bis hin zum Golfplatz im 21. Jahrhundert. Wie verändert es sich? Was passiert mit dem Boden, dem Wasser, den Tieren und Pflanzen, die sich darauf entwickeln? Edyta Czubernat aus München hat einen interessanten Blickwinkel auf jenen Bereich des Erdinger Mooses geworfen, an dem sich heute die 27-Löcher-Anlage des GC München Eichenried befindet. Für ihre Bachelorarbeit „Historische Landschaftsanalyse und Planung. Aufwertung der Landschaft und Biodiversität von Golfplätzen“ an der TU München, die in Kooperation mit dem DGV entstand, griff sie ausschließlich auf Quellen- und Kartenmaterial zurück und analysierte dann einzelne Landschaftselemente wie Acker, Grünland oder Moore. Der Vergleich von historischen topographischen Karten und Luftbildaufnahmen macht klar, wie sich Flächen und Strukturen verändert haben – das Ganze in dem verhältnismäßig langen Zeitraum vom 1811 bis 2020.
209 Jahre also, in denen sich das Gebiet extrem gewandelt hat. Wo 1811 laut Czubernat ein „vom Menschen weitestgehend unbeeinflusstes Niedermoor mir Moorwäldern und nassen Moorwiesen“ lag, also ein „weitestgehend intaktes Ökosystem“, wurden später lange landwirtschaftliche Flächen bewirtschaftet, bevor, der Grundeigentümer 1987 das Gelände an den Golfclub München Eichenried verpachtete und die Planung der ersten 18 Löcher begann.
Endgültige Trockenlegung des Moores
Das Moor selbst fing schon ab 1825 zu leiden, weil es zunehmend kultiviert wurde, Torf gestochen, Entwässerungsgräben gezogen wurden. Endgültig trockengelegt war das Moor demnach mehr als 100 Jahre später als der Bau des Mittleren-Isar Kanals in den 1930er Jahren zu einer erheblichen Absenkung des Grundwasserspiegels führte. Die Bilanz der Studie fällt im Hinblick auf diesen Zeitraum negativ aus. „Es wurde eine ausgeräumte Landschaft, ohne Baum- und Strauchbewuchs und grundwasserferne intensiv bewirtschaftete Böden hinterlassen, die typischen floristischen Quellmoor-Arten sowie an Feuchtlebensräume angepassten Tierarten, kaum einen geeigneten Lebensraum mehr bot,“ resümiert Czubernat.
Bau der Golfanlage führt zu verbesserter Landschaftsstruktur
Ab 1993 ändert sich laut der wissenschaftlichen Studie das Bild wieder, „ein Anstieg der ökologisch relevanten Landschaftselemente wird festgestellt.“ Auf dem Kartenmaterial ist das anhand der sogenannten „höheren Randliniendichte“ zu erkennen. Diese Randlinien deuten darauf hin, dass sich die Landschaftsstruktur erneut verändert hat – „neue Gehölzgruppen, Stillgewässer und Hardroughflächen“ sind hinzugekommen. „Stillgewässer“ sind das was der Golfer einfach als Teich wahrnimmt. Der Blick von oben auf die topographischen Karten lässt aber auch anhand der Kronenbreiten der Bäume der Größe erkennen. Auch die Vernetzung von Gewässern macht das Kartenmaterial gut klar.
Besonders positiv, das wird anhand der Bachelorarbeit deutlich, ist die Aufwertung des Geländes durch die sogenannten Stillgewässer. Auf dem A-, B- und C- Kurs finden sich insgesamt 20 Wasserhindernisse, allesamt unter 0,5 Hektar groß. Hier wurden im Rahmen einer Biotopkartierung 2011 auch diverse gefährdete Pflanzen- und Amphibienarten nachgewiesen. Und: Durch die Zunahme der Wasserhindernisse liegen diese auch räumlich näher beieinander, wodurch die Neubesiedlung der Gewässer weiter gefördert wird. Verbunden werden sie außerdem durch Fließgewässer, die als Vernetzungsachsen dienen.
An diesem Punkt weist die Studie allerdings auch auf einen wichtigen Punkt hin: Überall dort, wo man auf viel Brennnessel und Springkraut stößt, sind offensichtlich zu viel Stickstoff und andere schädliche Substanzen vorhanden, die möglichst überhaupt nicht auftreten sollten.
Biodiversität auf dem Golfplatz ist gestiegen
Die genaue Analyse des aktuellen Kartenmaterials mit den drei 9-Löcher-Schleifen des Golfplatzes zeigt, dass derzeit auf dem Golfplatz, der m Programm „Golf und Natur des DGV“ mit Gold zertifiziert ist, drei unterschiedliche Biotoptypen zu finden sind: „Feuchte Hochstaudenfluren, Magerrasen und Streuobstwiesen stellen im Untersuchungsgebiet unterschiedliche Lebensräume zur Verfügung.“ Hinzu kommen zahlreiche Bäume und Sträucher, die in den vergangenen 32 Jahren gepflanzt wurden – auch sie sind wichtige Lebensräume.
209 Jahre Veränderung also im Erdinger Moos – eine Entwicklung, die sich anhand von Karten gut analysieren lässt. Auch wenn das für den Laien beim ersten Anblick einer topographischen Karte kaum möglich scheint.
Golf trifft Wissenschaft
Golfanlagen und Biodiversität – Historische Landschaftsanalyse der Golfanlage München Eichenried, Eine Kooperation von TUM und DGV, Edyta Czubernat, Technische Universität München, Lehrstuhl für Renaturierungsökologie, Prof. Dr. Johannes Kollmann, Mai 2020