US Masters und Ökologie: Das große Schweigen
Der Gold-Standard in Sachen Platzpflege hatte Jahrzehnte einen Namen: Augusta National. Grashalme, die in tiefstem Grün in Reih und Glied stehen. Fairways, die mehrfach so cross gemäht werden, dass Halme gegen die Spielrichtung ragen. Ein Spielplatz der Exklusivität, fast unwirklich anzusehen mit den blühenden Azaleen, dem tiefblauen Wasser, keinem Blatt Laub am Boden.
Das Masters-Bild taugt nicht für die Wirklichkeit
Die Sache ist nur: Der Goldstandard ist nicht mehr zeitgemäß, vor allem aber taugt er nicht mehr als Vorbild für abertausende von Golfanlagen, die sich mit anderen Problemen herumschlagen. Teuren Dieselpreisen, Begrenzung der Wassermengen, Verbot von Pestiziden. Und: Der Ruf nach ökologisch nachhaltigen Großereignissen im Sport ist riesig. Klimaneutralität wird dabei zum beherrschenden Thema.
Die United States Golf Association ist der “United Nations Sports for Climate Action Initiative” beigetreten und hat zuletzt auch in einem gemeinsamen Statement mit dem R&A zur Begrenzung der Fluglänge von Bällen darauf hingewiesen, dass die ökologische Nachhaltigkeit von Golfanlagen essenziell für ihr wirtschaftliches Überleben ist. The Open im Sommer 2022 war geprägt von Bemühungen, den CO₂-Ausstoß der Veranstaltung zu senken.
Bei der Masters 2023 findet der Begriff „ökologische Nachhaltigkeit“ keine Erwähnung – ebenso wie bei allen anderen Masters-Turnieren davor. Nun ist die Kommunikation von Strategien oder Problemen ohnehin nie im Augusta National Golf Club verfolgt worden. Im Gegenteil – die Methodik des Schweigens wurde derart perfektioniert, dass sie zum Ruf des Turniers als extreme Besonderheit innerhalb der Golfszene nur beigetragen hat.
Augusta National historisch immer Trendsetter
Was daran so bedauerlich ist: Der Augusta National Golf Club ist mit dem US Masters immer der Vorreiter schlechthin in Sachen Technologie im Golfsport gewesen, egal ob es um Scoring, TV-Übertragungen oder Wlan im Pressezentrum ging. Das Turnier, das nach außen oft so traditionell und leicht verstaubt wirkt, ist in Wahrheit eine perfekt datengesteuerte Maschinerie. Trends, Fortschritt sind hier also durchaus gut aufgehoben.
Die Chance, Millionen von Zuschauern und Golffans mit einer Thematik vertraut zu machen, die den Golfsport in Zukunft begleiten wird, wird beim Thema Nachhaltigkeit nicht genützt. Sollte Augusta National seinen Energiehaushalt komplett auf regenerative Energien umstellen, würde dies international in der Golfszene für Furore sorgen und Nachahmer finden.
Wie stark der Einfluss des Clubs sein kann, hat er schließlich mit der Einführung von Drive, Chip and Putt als Amerikas größtem nationalen Nachwuchsturnier bewiesen. Oder mit der Schaffung des Augusta National Women’s Amateur. Auch hier hat man mit dem Namen von Augusta National dem Golfspiel von Frauen einen komplett neuen medialen Wert verschafft.
Der Augusta National GC gilt innerhalb der Golfszene für viele als der weltweit mächtigste Golfclub, sieht man vom R&A in Schottland ab. Während dieser seine Position inzwischen auch längst für die Verfolgung ökologisch nachhaltiger Ziele einsetzt, ignoriert der Augusta National GC das Thema. Zumindest nach Außen.
Wer die Herren in Grün, die den Club regieren, über Jahre verfolgt hat, weiß allerdings: Augusta National GC erkennt Trends und Entwicklungen sehr gut. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Themen wie die CO₂-Neutralität nicht hinter verschlossenen Türen längst diskutiert werde. Die Sache ist nur: Das US Masters lebt genauso wie der Club vom Ruf der Perfektion. Aussagen zur Thematik wird es also erst dann geben, wenn man auch in diesem Bereich international eine Leadership-Rolle übernehmen könnte.