Das Sport-Sponsoring im Umbruch
Schluss damit: Pat Cummins, Cricket-Kapitän der australischen National-Mannschaft hatte keine Lust das Logo von Alinta Energy auf dem Trikot zu tragen. Der Grund: Dessen Mutterunternehmen Pioneer Sail Holdings ist als einer der größten C02-Emittenten des Kontinents gelistet.
Schluss damit, forderte auch das FC Bayern-Mitglied Michael Ott als Sprecher einer Fangruppe, als es um das Sponsoring seiner Mannschaft durch die Fluglinie Qatar Airways ging. Schließlich handle es sich hier um die „einseitige Verbreitung einer Marketingbotschaft, die dazu dient, Katar ein positives Image zu verschaffen.“ Der FC Bayern hielt Qatar Airways dann auch nicht mehr für den richtigen Sponsoring-Partner.
Schluss damit, meinte auch Donnell Wallam, eine indigene Netball-Spielerin aus West-Australien. Ihr Verband hatte einen Sponsoring-Vertrag über 15 Millionen australische Dollar mit dem Minen-Unternehmen Hancock Prospecting abgeschlossen. Die Historie des Konzerns bei der Behandlung der indigenen Bevölkerung Australiens ist zweifelhaft.
Nachhaltigkeits-Konzepte werden Pflicht
Die Welt des Sport-Sponsorings hat sich verändert. Sponsoren werden zunehmend von Fans und Sportlern auf ihre Eignung hinterfragt. Genauso werden Sportarten von Sponsoren auf ihre Nachhaltigkeits-Konzepte hin analysiert. Gefragt sind Kooperationen, bei denen es im Idealfall um die Schaffung anhaltender positiver Projekte geht, wie die European Sponsorship Association 2020 feststellte. „Sponsorship with Purpose“ nennt sich das dann. „Wir sehen seit etwa drei bis vier Jahren zunehmende Aktivitäten in diesem Bereich“, resümierte Marc Socher Ende 2022. Der Managing Partner von Green Game stellte eine „gesteigerte Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit auf Seiten der Sportarten und der Sportrechteinhaber“ fest. Die deutsche Agentur Green Game, zu deren Inhabern Ex-Skifahrer Felix Neureuther zählt, hat sich auf nachhaltiges Sponsoring spezialisiert.
Der Grund dafür, so Socher, sei einfach: „Nahezu alle großen Firmen haben inzwischen eine Strategie zum Thema Nachhaltigkeit. Ein Sponsoringpartner muss deshalb in diese Strategie passen und eine Plattform bieten.“ Kein Wunder also, dass deshalb die Deutsche Fußball Liga von ihren 36 Bundesligaclubs Nachhaltigkeitskriterien einfordert. Das weltbekannte Ocean Race der Segler hat ein eigenes Sustainability Programm. Die Formel 1 arbeitet genauso an ihren Nachhaltigkeitszielen wie so ziemlich jede andere Sportart. Mehr als 80 Sportorganisationen weltweit haben die Richtlinien von United Nations Sports for Climate Action unterzeichnet.
Wann beginnt Sportwashing?
Wie viel davon ist glaubwürdig, wie viel nicht? „Für uns als Agentur besteht die Herausforderung darin, zwischen den einzelnen Akteuren zu unterscheiden“, resümierte Socher. „Natürlich stellt man sich immer die Frage, ob man zum Beispiel für die Formel 1 arbeiten würde.“ Am Ende, so der Vermarktungsexperte, müsse man aber auch die Frage nach einer Alternative beantworten können. „Wir alle wollen ja, dass uns die Sportarten erhalten bleiben. Deshalb gilt für uns bei Green Game: Wenn die Sportart glaubwürdig etwas verbessern will, sind wir dabei.“
Die Diskussion um die Zukunft des Sponsorings betrifft in hohem Maße auch den Golfsport – sowohl im internationalen Bereich als auch beim normalen Golfclub um die Ecke. Für den Profibereich gilt dies umso mehr, seitdem mit LIV Golf der saudi-arabische Konzern Aramco eine eigene Turnierserie unterstützt und man sich obendrein mit der PGA Tour auf eine Zusammenarbeit einigte. Aber einmal abgesehen von diesem Daueraufreger in der Golfszene geht es auch um andere Unternehmen. Wie behandelt man in Zukunft Autokonzerne wie Honda, Porsche, BMW oder Mercedes, die alle Profiturniere unterstützen? Oder: Wie können diese Unternehmen im Rahmen ihres Engagements von Golfveranstaltungen jenseits des reinen Kaufs von CO₂-Zertifikaten glaubhaft machen, dass sie an nachhaltigen Projekten arbeiten. Dow Chemical, zweitgrößter Chemiekonzern der Welt, ist bei diesem Punkt in die Offensive gegangen. Der Konzern stellt der LPGA Tour der Damen nun Daten, Finanzen und Expertise bei der Umsetzung nachhaltiger Events zur Verfügung.
Abgesehen von internationalen Groß-Events betrifft die Sponsoring-Frage aber in Zukunft jede einzelne Golfanlage. Wie attraktiv ist ein Golfclub als Werbepartner für einen Versicherungskonzern, wenn er seinen Platz mit Trinkwasser beregnet? Kann ein 5-Sterne-Golfresort noch für ein Weltfinale einer Turnierserie gebucht werden, wenn es nicht angeben kann, welchen Co2-Wert der Sponsor für seine Mitarbeiter bei einer Übernachtung verbuchen muss? In vielen Konzernen wird gerade die Frage nach den Co2-Werten fester Bestandteil der Hotelbuchungsstrategie. Siemens gab 2022 bekannt, dass Hotels ab 2023 ihre Umweltdaten darlegen müssen, um überhaupt für eine Buchung in Frage zu kommen. Wer an die großen Turnierserien im Golfsport wie die Mercedes Benz Trophy oder den BMW Golf Cup International denkt, kann davon ausgehen, dass auch hier die Nachhaltigkeitsbilanzen der Turnierstandorte – zumindest bei den Finalveranstaltungen – in den nächsten Jahren eine Rolle spielen werden.
Wie sensibel ist der Golfer?
Andersherum sind die Fragen aber ähnlich: Wie reagieren Golfer zum Beispiel auf Luftlinien als Sponsoren, wenn diese gleichzeitig auf der Liste der größten Co2-Emittenten weltweit geführt sind? Ist ein Logistiker als Sponsor tragbar, wenn er kürzlich hochwertige Grünflächen mit riesigen Hallen versiegelt hat? Oder gibt es darauf vielleicht derzeit noch gar keine Reaktion von den Clubmitgliedern, weil dafür in der Golfszene derzeit noch keine Sensibilität vorhanden ist?
Schwierige Fragen, auf die es keine standardisierten Antworten gibt. Fest steht allerdings, dass sich auch im Sport-Sponsoring die Grenzen dafür verschoben haben, was auf der einen Seite die Sponsoren, aber auf der anderen Seite auch Sportler und Fans als mit ihren Werten für vereinbar halten. Es wird mehr diskutiert. Und der eine oder andere sagt dann: Schluss damit…..