Budersand: An vorderster Front gegen den Wind
Stefan Hansen steht breitbeinig in die Düne gelehnt am Rande von Budersand. Der Wind pfeift, es ist diesig und im Hintergrund rauscht die See. Er ist ein Hüne, gutgelaunt trotz des ungemütlichen Wetters – aber genau diesen Typ Greenkeeper braucht es hier auch. Stefan Hansen steht an einem der sensibelsten Vorposten, die Deutschlands Golfszene zu bieten hat: auf dem Golfplatz Budersand im Süden der Insel Sylt. Dort, wo die sogenannte Hörnum Odde, eine Dünen- und Heidelandschaft an der Südküste der Insel, alljährlich an Fläche zu verlieren droht.
Natürliche Dünenformen künstlich geschaffen
Englische Journalisten, die nach der Eröffnung der 18-Löcher-Anlage im Jahr 2008 hierhin kamen, waren angetan von diesem Linkskurs im hohen Norden Deutschland. Dass sie die meterhohen Dünen, die sich jenseits der Bahnen schlängeln, für eine seit langem bestehende Landschaft hielten, war ein Qualitätsbeweis: Ein wesentlicher Teil der Dünen wurde erst im Verlauf des Baus zusammengeschoben, geformt und bepflanzt. Budersand, vom Sylter Golfplatzdesigner Rolf-Stephan Hansen designed, ist ein erstklassiges Beispiel dafür, dass Golfanlagen Landschaft mit natürlicher Optik schaffen können. Dünen natürlich zu gestalten, ist dabei alles andere als einfach. Geraten sie zu spitz und kegelhaft, wofür es in Deutschland auch Beispiele gibt, wird sofort deutlich, dass es sich um eine künstliche Landschaft handelt.
Als sich die Eigentümerin des Geländes Claudia Ebert 2004 entschloss, aufdem 73 Hektar großen Grundstück nahe Hörnum ein First-Class-Hotel mit 18-Löcher-Golfplatz zu machen, waren 30 Hektar der Landschaft mit Straßen, maroden Gebäuden, Kläranlagen und Öltanks bedeckt. Über 40 Hektar waren Naturschutzgebiet mit Dünen. Ein halbes Jahr war für den Abriss der Gebäude geplant, eineinhalb Jahre wurden es. Fast 90 Prozent der 25.000 m² alter Baracken und 100.000 m² Straßen wurden zerkleinert und als Befestigung in die Dünen verbaut. Heute geht das einst so hässliche Gelände fließend in das Naturschutzgebiet über, was auch daran liegt, dass die Betreiber zusammen mit Headgreenkeeper Stefan Hansen einen konsequent britischen Pflegeansatz verfolgen.
„Hart und schnell“ – typisch für Linksgolf
Trockenresistente Festuca-Gräser kennzeichnen die Spielbahnen. Sie brauchen wenig Dünger und Wasser. „Hart und schnell“ soll der Platz sich spielen, so wie es klassische Linkskurse eben tun. Für deutsche Verhältnisse sind die Gegebenheiten hier eine Besonderheit: „Gegen den Wind kommt man einfach nicht an“, resümiert Hansen. Er trocknet den Boden rasant schnell aus, er greift die Dünen an, sorgt für Erosion an den Bunkerkanten, macht Hitze in ihrer Wirkung noch ein Stückchen intensiver. Platzpflege hier bedeutet den täglichen Kampf mit dem Wetter. Der Wind zerrt am Gelände, Hansen und seine Kollegen setzen mit typischer Bepflanzung wie dem Strandhafer entgegen. „Der festigt das Gelände einfach“, resümiert er und fährt mit den Händen durch die Gräser. „Ich will hier niemals weg“, sagt er noch. „Das ist einfach ein besonderer Arbeitsplatz. Ich lasse der Natur hier in vielen Bereichen freie Hand.“
Dabei holt sich die Natur viele Bereiche der Südküste Sylts eben auch zurück. Die sogenannte Hörnum Odde nimmt seit etwa 1950 ständig in ihrer Fläche ab, vor allem dort, wo Kliff und Dünen stärker der See ausgesetzt sind. Nur durch aufwändige Sandaufspülungen, welche die Sylter Behörden seit 1990 durchführen, kann der Geländeverlust zumindest ansatzweise gestoppt werden. Die Golfanlage Budersand ist damit in gewisser Weise Teil eines Gesamtkonzeptes zur Sicherung des südlichen Inselendes.
Naturnahe Pflege prägt den Platz
Die ständige Auseinandersetzung mit der Natur hat auch dazu geführt, dass man hier auf einen möglichst naturnahen Umgang mit dem Platz setzt. „Wir orientieren uns da sehr stark an dänischen Plätzen, die viel mit organischem Material machen, sehr wenig düngen und sehr wenig wässern“, resümiert Hansen.
Beim Programm Golf & Natur, bei dem die Anlage in diesem Jahr mit Gold zertifiziert wurde, punktete man unter anderem mit der hohen Biodiversität und dem Heideprogramm, das nicht immer einfach in der Umsetzung ist. „Heide zu entwickeln ist ein unheimlich langer Prozess“, sagt Hansen, der ihn mit seinen Mitarbeitern auf diversen Roughflächen durchzieht. Ist sie allerdings erst einmal angesiedelt, überzeugt sie durch ihre Robustheit. „Sie sieht auch nach Jahren noch gut aus“, resümiert der Head-Greenkeeper zufrieden. Die Renaturierung der Landschaft hat außerdem über die Jahre dazu geführt, dass zahlreiche bedrohte Arten hier wieder ansässig geworden sind, zum Beispiel die Kreuzkröte.
Wer sich den Außenbereichen des Platzes nähert und am 15. Abschlag steht, blickt auf den Wanderweg, der entlang der Inselspitze läuft. Der eine oder andere Spaziergänger bleibt stehen und mustert den Golfplatz, der ganzjährig auf Sommergrüns bespielt wird. Wenn das Tageslicht verschwindet, verschwimmen Fairways, Grüns und Dünen. Alles wird eins. Alles sieht aus, als sei es schon immer so gewesen. Dünenlandschaft eben. Rauh und natürlich perfekt.