Zu heiß für das Gras?
Was passiert mit Gras während einer Hitzewelle, und wann hält die Pflanze die Hitze nicht mehr aus? Fragen, die sich stellen, nachdem die Welt gerade das heißeste Jahr seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen erlebt. Hitzewellen sind dabei oftmals meist gepaart mit Phasen, in denen es wenig regnet. Beide Wetterextreme werden nach Ansicht von Klimawissenschaftlern in Zukunft häufiger auftreten. Was passiert dann mit dem Gras auf den Golfplätzen in Deutschland, Italien oder auch Arizona oder Dubai?
Fragen, die wir Bernd Leinauer gestellt haben, der an der New Mexico State University als Professor lehrt, und mit zahlreichen Rasenforschungsprojekten auch auf Golfplätzen im Südwesten der USA zu tun hat. Gleichzeitig ist er aber auch in die Rasenforschung im europäischen Raum involviert.
„Allgemein gilt, dass es Kaltzonengräsern bei über 100F bzw. 37C zu heiß wird. Sie kommen mit der Temperatur nicht mehr zurecht“, stellt er fest. Zu Kaltzonengräsern zählt man all‘ jene Varianten, die man auf Golfplätzen in Nordeuropa- oder Nord-Amerika, zum Teil aber auch noch in Italien oder Spanien findet. Die geläufigen Arten, mit denen auch der Golfer vertraut ist, sind Poa pratensis, Festuca oder Agrostis-Varianten. „Es gibt jedoch keine streng wissenschaftliche Untersuchung, die Hitzestress unabhängig von der Wasserversorgung bestimmt hat“, stellt Leinauer fest. Die Überlebensfähigkeit von Gräsern bei Hitze wurde bis dato immer in Kombination mit der Wasserversorgung untersucht.
Trockenstress bei Hitze
Darum geht es letztendlich auch auf den Golfplätzen. Je größer die Hitze, desto mehr Wasser braucht das Gras zur Kühlung. Wissenschaftler wie Leinauer sprechen in diesem Zusammenhang von Evapotranspiration (ET), vereinfacht erklärt der Verdunstung der Feuchtigkeit sowohl aus dem Boden als auch aus der Pflanze. „Selbst wenn ein Golf- oder Sportplatz unbegrenzt Wasser zur Verfügung hat, ist die Speicherfähigkeit des Bodens und das Bewässerungsfenster nur begrenzt. Am Mittag bzw. frühen Nachmittag ist das Wasser im Boden aufgebraucht und die Hitze führt dann zum Trockenstress“, erklärt Leinauer das Problem. „Es muss erneut bewässert werden, was nicht immer möglich ist. Oder es werden Gräser verwendet, die weniger Wasser benötigen.“
Arizona, ein Staat mit rund 400 Golfplätzen, hat in diesem Sommer eine Hitzewelle mit mehr als 100 Tagen mit mehr als 37,7 Grad Celsius erlebt. Was für die Bevölkerung schwer erträglich ist, halten die Warmzonengräser wie Bermuda oder Zoysia aber noch gut aus. Für sie wird es erst zwischen 43 und 46 Grad ungemütlich. Das beweist auch ein Blick nach Dubai, wo in diesem Sommer an einem Tag immerhin 49,9 Grad gemessen wurden und Temperaturen um die 45 Grad keine Seltenheit sind. Die Golfplätze dort sind trotzdem gut in Schuss. Ihr Beregnungswasser wird aus Entsalzungsanlagen gewonnen. In diesen heißen Regionen „ist die Frage des Wasserverbrauchs zentral und wird auch angegangen“, erklärt Leinauer. „Golfplätze werden schließen müssen, wenn das Wasser ausgeht,” was vor allem in den USA zum Teil der Fall sein könnte, wo zum großen Teil mit Grundwasser oder sogar Trinkwasser beregnet wird.
Deshalb wird seit Jahrzehnten an der besseren Hitzetoleranz und einem geringeren Wasserverbrauch von Gräsern durch Züchtung geforscht. Für Leinauer ist aber klar: Das ist nur die eine Seite der Medaille: Die andere betrifft „Beregnungstechnologie und Bewässerungsmengenbestimmung. Auf diesem Gebiet gibt es erhebliche Forschungsmängel und Umsetzungsdefizite. Zwischen dem, was die Gräser bräuchten und dem, was letztlich beregnet wird, gibt es große Unterschiede.“