Kreislaufwirtschaft mit dem Golfball
Bälle tummeln sich zu tausenden in Teichen jedes Golfplatzes. Einmal hineingespielt liegen sie dort über Jahre hinweg. Das Schlimme daran: Golfbälle zersetzen sich nicht, die harten Plastikschalen überdauern Jahrzehnte. Unter dem Begriff Lakeballs werden solche Bälle allerdings oftmals von Firmen wieder in den Kreislauf zurückgebracht – wenn sich der Golfplatzbetreiber entschließt, seine Bälle betauchen zu lassen.
Solche nachhaltig angelegten Verwertungsketten von Lakeballs können zur Einsparung von Ressourcen im Golfsport beitragen. Wie ausgeprägt und nachhaltig eine solche Nutzungskette zustande kommt, liegt zum einen am unterschiedlichen Umgang von Golfanlagen mit Lakeballs und zum anderen an der Art und Weise der Wiederverwertung der beteiligten Akteure.
Welch horrende Mengen an Lakeballs sich innerhalb kurzer Zeiträume anhäufen können, zeigen jüngste Beispiele. Einen spektakulären Rahmen zum Thema Lakeballs lieferte zum Beispiel der Green Eagle Golf Course nahe Hamburg im Rahmen der dort ausgetragenen Porsche European Open. Beim Profiturnier der DP World Tour vor den Toren Hamburgs fischte der europäische Golfballtaucher Nicky Dorfel über 500 Golfbälle aus den zahlreichen Seen der Anlage.
30.000 Bälle auf der Profitour
Die Mission des vom Namenssponsor des Turnieres engagierten Niederländers war es 2022, Golfbälle während der gesamten DP World Tour-Saison zu fischen, um sie in einem Schiffscontainer zu sammeln und diesen von Turnier zu Turnier weiter zu befüllen. Dorfel sammelte bis zur Jahresmitte über 30.000 Bälle, nachdem er zuvor unter anderem an DP World Tour-Stopps in Belgien und den Niederlanden getaucht war. Auch Fans, Spieler und Zuschauer können im Rahmen eines Gewinnspieles eigene Golfbälle spenden, um ihnen ein zweites Leben einzuhauchen. Die Bälle sollen am Ende der Saison an Breitensportprojekte verteilt werden.
Aus dem Teich und auf die Driving Range
Eine ähnlich hohe Summe an Lakeballs kommen jährlich auch auf Golfanlagen zusammen. Der Golfpark Weiherhof vermeldete nach einer Tauchaktion im Jahr 2021 25.000 gefischte Bälle. Das Gute daran: Der Golfpark Weiherhof liefert seine Lakeballs ab und bekommt im Gegenzug wiederaufbereitete Driving Range-Bälle, was für Geschäftsführer Horst Wintrich eine Art von Kreislaufwirtschaft auf dem Golfplatz ist.
Wiederverkauf für 50 Cent
Die Vorgehensweise auf Golfanlagen ist zwar unterschiedlich, meist erfolgt sie aber vor und nach der Golfsaison, um den laufenden Betrieb nicht zu beeinträchtigen. Auf den fünf Golfplätzen im niederbayerischen Bad Griesbach mit ihren zahlreichen Wasserhindernissen zum Beispiel erfolgt die Entnahme laut eigenen Angaben jeweils durchschnittlich zwei Mal pro Jahr durch das Greenkeeper-Team. Die Bälle landen im Wiederverkauf und werden auf den Golfplätzen zu einem Preis von 50 Cent pro Ball angeboten. Die Bälle liegen in Körben auf der Anlage aus und können gegen Einwurf des entsprechenden Geldes in eine Kasse mitgenommen werden. Heiß begehrt sind natürlich vor allem die Multilayer-Bälle, die zum Spitzen-Preissegment im Proshop gehören.
Golfbälle sind theoretisch lebenslang zu verwenden, da ihr Material nicht verrottet. In der Praxis gehen die kleinen weißen Spielgeräte aber auf der Runde oftmals im hohen Rough, im Gebüsch oder in einem Wasserhindernis verloren, weshalb sich Golfer neue Bälle anschaffen müssen. Während die Irrgänger abseits des Fairways im Gestrüpp gelegentlich wieder geborgen werden können, gestaltet sich das Einsammeln bei den in Weiher, Flüsse oder Seen hineingeflogenen Bällen insbesondere in größeren und tieferen Gewässern etwas schwieriger. Hier kommen entweder Golfanlagenbetreiber oder externe Unternehmen ins Spiel, welche die sogenannten Lakeballs aufsammeln und wieder zur Verwertung anbieten.
Kategorien und Marken
Das junge Unternehmen Lakenuggets taucht im Großraum München nach Golfbällen. Laut Geschäftsführer und Gründer Luca Sommer sind von beauftragten Tauchern 2022 allein zwischen 50.000 und 60.000 Bälle aus Gewässern von rund zehn Golfanlagen herausgefischt worden.
Die Bälle werden recycelt, gewaschen und sortiert. Dabei wird in drei Klassen unterschieden. Angefangen von Klasse A (Bälle in einem sehr guten Zustand mit sehr geringen Gebrauchsspuren und fast neuwertig) über Klasse B (etwas günstigere Bälle mit mehr Gebrauchsspuren, Markierungen, Logos und Verfärbungen) bis hinunter zu Klasse C (deutliche Gebrauchsspuren bei Markierungen, Logos sowie Verfärbungen und gelegentlich Bläschen auf den Bällen): Interessenten können sich beim Kauf im Online-Shop innerhalb dieser Kategorien unter den Ballmarken entscheiden.
Die Preise reichen für 25 Euro in einem Baumwoll-Säckchen verpackte Bälle je nach Modell von 13,75 Euro (TopFlite Mix) bis hin zu 72,25 Euro (TaylorMade TP5). Der Versand erfolgt laut Geschäftsführung klimaneutral. Ausschussware an Bällen, die nicht mehr für ein Spiel zu gebrauchen sind, verschickt Lakenuggets zum Recycling an einen Händler im EU-Ausland. Dieser soll Außenschalen und Kern der unbrauchbaren Spielgeräte wieder zur Neuproduktion von Golfbällen aufbereiten („refurbished balls“).
Wie andere Anbieter erteilt Lakenuggets den Golfclubs beim Kauf der eigenen Bälle einen Rabatt pro gefischtem Ball, sofern dort zuvor eine kostenlose Tauchaktion vom Anbieter durchgeführt wurde. Bis zu zehn Cent Rabatt pro gefischtem Ball ist bei Anbietern gängig.