Top-Qualität geht nicht im Schnellverfahren
Es sind die scheinbaren Kleinigkeiten, die viel über die Ausrichtung des Frankfurter Golf Club verraten: Das lichte Gras des Semiroughs, das sich zwischen Abschlägen und Fairways ausbreitet. Die Kordeln, die im Grünumfeld oftmals für Trolleys den Weg versperren. Der eine oder andere tote Baumstamm, der hinter einem Grün grau in die Luft ragt. Hier, so wird schnell klar, geht es um die Kombination aus Top-Qualität eines Golfplatzes mit Umwelt- und Naturschutz.
Wasserschutzzone bedeutet Einschränkungen
Das ist kein einfaches Unterfangen: Das Gelände des Golfplatzes auf den der 1913 gegründete Frankfurter GC 1927 umzog, liegt in Wasserschutzzone II und III, die Möglichkeit zur Verwendung chemischer Substanzen geht damit gegen Null. Die rund 60 Hektar Fläche des Golfplatzes befinden sich im Frankfurter Stadtwald, der weitgehend als Bannwald ausgewiesen ist. „Wir sprechen alles mit dem Förster ab, müssen wir ja sowieso“, resümiert Platzwart Klaus Veith. „Der Schatten der Bäume ist hier natürlich ein Riesenthema bei den Grüns und den Gräsern“, fügt Superintendent Jan Andreas hinzu.
Die beiden nicken sich zu. Zusammen mit Dr. Sabine Luft, zuständig für den Bereich Natur & Umwelt, bilden Veith und Andreas das Trio, welches das Aussehen dieser deutschen Spitzenanlage ganz erheblich mitbestimmt. Das gemeinsame Verständnis dafür, wie die nachhaltige Pflege eines klassischen Parkland-Platzes aussehen muss, hat wesentliche Auswirkungen auf das Budget, das Greenkeeping, das tägliche Golf der Mitglieder. Es basiert auf der Erkenntnis, dass Top-Qualität aufgrund der Lage des Golfplatzes, des Klimawandels und der zunehmenden behördlichen Beschränkungen nur erreicht werden kann, wenn man den Platz konsequent schützt und permanent kleinteilig mechanisch bearbeitet.
Internationales Benchmarking
„Wir haben gerade erst mit den Mitgliedern Gänseblümchen gestochen“, erzählt Veith lakonisch. Auf den Fairways der Wasserschutzzone II gebe es eben kein anderes Mittel als die Handarbeit. Immerhin: Um die 30 Mitglieder machten mit. „Wir haben hier seit Jahren ein Programm für Divot-Management“, erklärt Headgreenkeeper Andreas ein anderes Projekt: Einmal im Monat werden konsequent alle „Hotspots und großen Bereiche mit Divots mit Kompost, Sand und Samen befüllt“. Das Ergebnis ist sichtbar: Die Fairways sind für deutsche Verhältnisse makellos und bestehen auch im internationalen Standard.
„Wir messen uns international“, erklärt Andreas. Das ist ihm wichtig. Er hat ein Studium in Kanada vorzuweisen, in Schottland gearbeitet, hält sich bei Kongressen, Fortbildungen, in Chatgruppen auf dem Laufenden. Dazu kommt die Expertenmeinung von Rasenforschern aus Großbritannien, die den Club seit Jahren beraten. In der Gesamtheit ergibt sich ein großes Wissen über moderne Gräser und Neuentwicklungen im Bereich der Pflege. Seine Mitarbeiter sind wie er zum Großteil seit Jahren im Betrieb. „Ein Greenkeeper muss den Platz ja erst mal kennenlernen. Das braucht ja schon mal zwei Jahre“, findet Veith. Gras muss man verstehen. Verstehen kann nur, wer sich auf Dauer mit etwas auseinandersetzt.
Langfristige Planung ist nachhaltig
Nicht jede der Greenkeeping-Maßnahmen ist in einem Club mit 1400 Mitgliedern populär. Das lichte Rough, das einen optisch perfekten Übergang zwischen Tees und Grüns liefert, hätte so mancher Golfer gerne abrasiert. Und auch die Absperrung der Grünumfelder für die Trolleys kam zu Beginn nicht bei jedem Golfer großartig an. An diesem Punkt kommt Klaus Veith als Platzwart ins Spiel. Ein älterer Herr, der hier in Frankfurt schon als Kind seine Runden gedreht hat und ein Faible für britische Golfplätze hat. Er hält nicht viel vom „Vereinfachungsbetrieb“ auf Golfanlagen, die nur nach der schnellen Zufriedenheit der Mitglieder suchen. Und er erzählt auch davon, dass es durchaus Zeiten im Frankfurter Golf Club gab, „als wir große Sponsorenturniere absagen mussten, weil die Grüns so schlecht waren, dass wir Angst hatten sie zu verlieren.“
Die Konsequenz daraus heißt Kontinuität, bedeutet langfristiges Denken, die Klarheit über das Zusammenspiel vieler Faktoren. „Unser Rough zum Beispiel haben wir über Jahre abgemagert und nicht gedüngt. Das spart auch Wasser und Kosten“, erklärt Andreas das Prinzip. „Die Diskussion um die Öffnung der Grüns nach dem Winter haben wir jahrelang geführt, aber wir machen eben einfach nicht früh auf, um die Poa in Schach zu halten und im Sommer die hohe Qualität zu erreichen“, resümiert Veith. Dafür erhalten die Mitglieder aber Wintergrüns, die extra angelegt wurden und kontinuierlich mitgepflegt werden, so dass ihr Pflegezustand gut ist.
Lebensraum Golfplatz in der City
Dabei laufen zahlreiche Projekte zur Aufwertung des Golfplatzes als Lebensraum, die auch der Hessische Golfverband propagiert, mit: „Wir machen gerade eine Artenbestandsaufnahme, haben zuletzt einen Hirschkäfermeiler angelegt, kümmern uns um Totholz- und Habitatbäume“, zählt Sabine Luft nur einige der Maßnahmen auf, die in den Bereich Förderung der Biodiversität fallen.
Mit rund 60 Hektar Fläche ist die Anlage keine große. Immer wieder fällt der Blick auf die Frankfurter Skyline, und weil ab und an auch ein Flugzeug über der Anlage kreuzt, wird der Gegensatz zwischen Natur auf der einen Seite und Großstadtbetrieb auf der anderen Seite immer wieder klar.
Stadtnaher Sport
Einen Golfplatz mitten in der Stadt wie diesen gibt es in Deutschland nicht mehr allzu oft. Er bietet stadtnahen Sport auch ohne große Autoanfahrt, was in Zeiten der CO²-Debatte ein Pluspunkt ist. Er entwickelt naturnahe Fläche zehn Minuten vom Frankfurter Hauptbahnhof entfernt. Gleichzeitig ist diese Präsenz mitten in der City, wo unzählige Augen und Behörden das Tun der Golfer beobachten, eine diffizile Angelegenheit. Da ist kaum Raum für Fehler, der Handlungsspielraum wirklich eng.
Wer abends auf den 18 Löchern des exzellenten Harry Colt-Platzes eine Runde dreht, erkennt, dass man hier die Chancen nützt, einen Platz zu entwickeln. Schwierige Ausgangsbedingungen können eben auch ein Anreiz sein, Top-Qualität zu schaffen.