So funktionieren Frauen-Teams im Golf
Stühlerücken im Besprechungsraum. Acht Plätze sind nicht genug. Nicht genug für all‘ die Frauen, die in diesem Golfclub das Sagen haben. Zwei Geschäftsführerinnen, die Clubmanagerin, die Headgreenkeeperin, die Restaurantleiterin, dazu drei Clubsekretärinnen und noch eine Greenkeeperin – wer der Frage auf die Spur geht, ob das Geschäft mit Golfanlagen auch weiblich dominiert sein kann, landet zum Beispiel hier: Golf Club Würzburg, Bayern, Deutschland. Eine Betreiberanlage, die zu den Leading Golf Clubs of Germany zählt, und wo der Präsident des Clubs mit Blick auf die Ansammlung der Frauen im Besprechungsraum sagt: „Ich geh dann mal, hier werde ich ja jetzt nicht gebraucht.“
Dann ist Bernhard May weg, seine Frau Victoria sitzt als Geschäftsführerin auch deshalb am Tisch, weil sie vor einigen Jahren zu dem Entschluss gekommen ist, dass es „wenig sinnvoll ist, die Arbeit immer nur zu machen, weil man die Ehefrau des Präsidenten ist. Ich finde es besser, wenn das richtig geregelt ist.“ Jetzt kümmert sie sich um die Finanzen, Marketing und Personal.
Frauen im Golf in der Minderzahl
Frauen in der Golfszene sind in fast allen Ländern der Welt unterrepräsentiert. Das gilt sowohl für die Anzahl Amateurgolferinnen als auch für Teaching Professionals, Clubmanager oder Greenkeeper. Das Preisgeld auf den professionellen Touren der Damen ist geringer, auch wenn sich hier inzwischen Sponsoren wie das französische Investmentunternehmen Amundi finden, die sich explizit auf die Förderung von Frauengolf konzentrieren.
Dabei gibt es sie durchaus, die Frauen in Spitzenpositionen im Golf oder die Frauen mit großem Einfluß. Namen wie Annika Sörenstam, Ex-Proette, Judy Bell als erste USGA-Präsidentin, Pia Nilsson als weltbekannte schwedische Trainerin oder Stacey Pauwels, Executive Vice-Präsident des Ausrüstungsherstellers Ping, fallen an dieser Stelle.
Erfolgsfaktor Harmonie
Im Standard-Golfclub weltweit aber ähnelt sich häufig das Bild: Frauen im Sekretariat, im Proshop, in der Gastronomie. Selten aber sind sie gerade in Führungspositionen in der Überzahl. So wie hier im Golf Club Würzburg, wo die neun Frauen gerade das Erfolgsrezept der Zusammenarbeit diskutieren. „Das Team, das ich hier wahrgenommen habe, war einfach sehr harmonisch“, erklärt Sanja Bradley ihren Eindruck, den sie bei einem Besuch als Clubberaterin des Deutschen Golf Verbandes gewonnen hat. Demnächst wird sie den GC Würzburg selbst als Clubmanagerin verstärken. Sie glaubt: „Das Positive an Frauenteams ist, dass hier oft keiner glaubt, dem anderen etwas vormachen zu müssen, weil jeder weiß, dass er im Interesse aller handelt.“
Ein Wohlfühlfaktor, den auch Susanne Brendle erlebt hat. Als ungelernte Greenkeeperin sitzt sie inzwischen häufiger auf dem Mäher. „Dass ich einmal diese Maschinen fahren würde, hätte ich ja nie gedacht“, erzählt sie mit einem Lächeln. „Als ich die schiefen Kanten der Tees zum ersten Mal fahren musste, hat das nicht geklappt, aber für Jacqueline war das kein Problem.“ Jacqueline Siegel ist ihre vorgesetzte Head-Greenkeeperin, die derzeit einzige in Deutschland. Seit 24 Jahren ist sie im Geschäft, „da lernt man schon sich durchzusetzen“, sagt sie mit einem Lächeln. Seit 2022 ist sie in Würzburg verantwortlich.
Besserer Blick für Details
Der Eindruck der Geschäftsführung zur weiblichen Head-Greenkeeperin ist: „Seitdem ist im Detail vieles besser geworden, es geht eben nicht mehr nur um die Qualität der reinen Spielbahnen.“ Das Greenkeeping-Gebäude wurde innen neu gestrichen, die Bepflanzung der Außenbereiche überarbeitet. „Der weibliche Touch“, so auch Bianca May, die wir ihr Bruder Bernhard die Anlage am längsten kennt und ebenfalls als Geschäftsführerin tägig, sei insgesamt in allen Bereichen spürbar. Das gilt aus ihrer Sicht auch nicht nur für das Greenkeeping: „Bei den Kleinigkeiten sind die Frauen oft genauer.“
Dabei war die Einstellung speziell von weiblichem Personal im GC Würzburg nie wirklich geplant. Die Konstellation hat sich automatisch ergeben, inzwischen ist auch der eine oder andere Mann ins Team gerutscht. Das Arbeitszeitmodell ist in Würzburg nicht wesentlich anders als in anderen großen deutschen Golfanlagen: Hochbetrieb während der Saison, dazu ein ruhigerer Winter. Speziell frauenfreundlich hat man hier nichts gestaltet. Das Jahresarbeitszeitmodell findet offenbar Anklang.
Womit man dann am Ende doch wieder bei einem Mann landet. Club-Präsident Bernhard May, selbst Vater von drei Töchtern, findet die stark weibliche Besetzung erst einmal ganz großartig. „Starken Rückhalt für das Team“, bestätigt ihm die weibliche Belegschaft.
Die offenbar hohe Attraktivität der Arbeitsplätze im Golf für Mitarbeiterinnen unterstreicht auch eine Annahme, die Stacey Pauwels 2023 bei einem Kongress zur Förderung weiblicher Jobs in der Golfbranche in den USA gegenüber dem Online-Magazin the 1stCall äußerte: „Es gibt eine Unmenge an Jobs, auch außerhalb des Golfplatzes, aber immer noch im Bereich Golf. Frauen bringen eine andere Perspektive ein, und Firmen wie Teams fällen eben bessere Geschäftsentscheidungen, wenn verschiedene Aspekte eingebracht werden.“ Es sei deshalb unbedingt nötig, Frauen zum Einstieg in die Golfbranche zu ermutigen. Einmal dort angekommen, kann das offenbar ein Job sein, der Spaß macht.