Salzwiesen vor St. Andrews und Dornoch können wieder wachsen
Dies ist eine zweite Welt, versteckt hinter dem großen Golfbetrieb der weltberühmten Golfanlagen rund um den Old Course von St. Andrews und den Royal Dornoch Golf Club in Schottland. Green Shores heißt das Projekt der Universität von St. Andrews, das sich mit der Renaturierung von Salzwiesen beschäftigt. Einen Blick darauf wirft man vom neunten Abschlag des New Course von St. Andrews oder entlang der Küstenlöcher des Struie Course in Dornoch. Wer sich Drohnenbilder der Bereiche ansieht, erkennt die Risse und Lücken in den Salzwiesen, die bei Sturmfluten die Überflutung der Golfplätze und die Erosion der Küsten erlauben.
„Im Grunde geht es darum, dass wir versuchen, diese Lücken mit neuen Salzwiesen zu füllen“, erklärt Dr. Clare Maynard, die das Projekt leitet. „Mit der Zeit verbinden sich die neuen Salzwiesenbereiche mit dem natürlichen Gelände.“ Die Funktion von Salzwiesen sollte man nicht unterschätzen: Sie erhöhen die Biodiversität, dienen als natürlicher Küstenschutz gegen Sturmfluten und Erosion, filtern Nährstoffe aus dem Wasser und tragen zur Wasserverbesserung bei. Daneben sind Salzwiesen bedeutende Kohlenstoffsenken, die große Mengen CO₂ binden und speichern können.
Salzwiesen sind weltweit bedroht
Gut steht es nicht um die Salzwiesen: Urbanisierung und Entwicklung von Infrastruktur entlang von Küstenlinien hat sie ebenso reduziert wie die Umwandlung zur Mülldeponie oder Landgewinnung. Der Anstieg des Meeresspiegels bedroht sie ohnehin und durch Abwässer, Pestizide und Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft wird ihre Funktionsweise beeinträchtigt. In Schottland sind gerade noch einmal 7000 bis 8000 Hektar Salzwiesen geblieben.
Die Renaturierung der Salzwiesen ist ein kleinteiliger Prozess, der in St. Andrews versteckt hinter einem Wall in der Nähe des Eden Courses in einem sogenannten Polytunnel beginnt. Unterstützt wird Green Shores dabei vom Scottish Government’s Nature Restauration Fund, gemanaged von Nature Scot. „Hier entwickeln wir mit Freiwilligen die Pflanzen, die wir später im Marschland aussetzen“, erklärt Dr. Helena Simmons, die ebenfalls am Green Shores Projekt beteiligt ist. Der Links Trust von St. Andrews stellt das Gelände zur Verfügung und ist zum Teil auch an der Finanzierung beteiligt, die Arbeitsstunden werden in hohem Maße von Freiwilligen aus St. Andrews geleistet, die längst erkannt haben, dass die Küstenlinie vor dem Universitätsstädtchen von Hochwasser und Fluten auf Dauer von Erosion betroffen ist.
Die Pflanzen, die hier in St. Andrews ausgesetzt werden, sind andere als jene im Tay of Firth vor Royal Dornoch. „Wichtig ist, dass es wirklich jene Pflanzen sind, die komplett angepasst an die lokale Umgebung sind“, erklärt Simmons. Einmal groß genug werden sie im Marschgelände ausgesetzt, das durch kleine Zäune geschützt wird, hinter denen sich einerseits die Sandsedimente verfangen, die andererseits aber auch die jungen Pflanzen schützen. Ein ähnlicher Versuch mit Biomatten, die aus Netzen bestehen, in die Kokusfasern eingearbeitet sind, starteten die Wissenschaftler 2018 in Dornoch. „Leider konnten die Biorollen nicht gegen die Stürme bestehen und die meisten Pflanzen wurden im ersten Winter weggewaschen“, resümiert Maynard.
Mit den kleinen Zäunen hat sich die Lage gewandelt, sowohl in Dornoch als auch in St. Andrews erzielt man Erfolge. Gemessen werden diese unter anderem mithilfe von hyperspektraler Bildgebung, die das Anwachsen der Flächen und die Höhe des Marschbereiches dokumentiert.
Mitten in den Salzwiesen in St. Andrews brummt es im Sommer von all’ den Insekten. Bei genauerem Hinsehen erblickt man hellgelbe Algen und Moose, tiefblaue Blüten, eine Vielfalt von Pflanzen. Dann geht der Blick raus Richtung Meer, und die Frage taucht auf, ob all‘ das nicht irgendwie eine Sisyphus-Arbeit ist. Simmons zeigt auf all‘ die Flächen, die in St. Andrews schon dazu gewachsen sind, verweist gutgelaunt auf die Erfolge von Green Shores in Dornoch. „Wenn wir erst gar nicht den Versuch machen, die Situation zu verbessern, werden wir definitiv scheitern.“