Royal Dornoch: „Wir mähen nur das Gras, das schon da war“
Für viele Golfer weltweit ist eine Fahrt nach Royal Dornoch fast wie eine Pilgerreise. Der Golfsport in der Stadt Dornoch lässt sich bis ins Jahr 1616 zurückverfolgen, und der Meisterschaftsplatz rangiert Jahr für Jahr in den Top 15 der besten Golfplätze der Welt.
In der Serie Vision 2050 spielt der Royal Dornoch Golf Club für uns eine herausragende Rolle. Einerseits zeigt er, wie sich der Golfsport über die Jahrhunderte hinweg positiv entwickeln und auch eine zentrale Rolle in einer Stadt spielen kann. Er steht aber auch für all jene Golfplätze, die unter dem Klimawandel leiden, denn Wissenschaftler des Dynamic Coast Projekts, das die Entwicklung der schottischen Küsten untersucht, halten den Struie Course in Royal Dornoch für stark erosionsgefährdet.
Grund genug für uns, mit Neil Hampton zu sprechen, dem General Manager des Royal Dornoch Golf Club und überzeugten Verfechter einer soliden Nachhaltigkeitsstrategie für den Club.
Den Studien von Dynamic Coast zufolge ist die Küste von Royal Dornoch stark erosionsgefährdet. Wann haben Sie davon erfahren, und welche Gefühle und Reaktionen hat das ausgelöst?
Neil Hampton: Wir haben das Glück, dass eines unserer Mitglieder, Alistair Rennie, an dem Dynamic Coast-Projekt mitarbeitet und in der Gegend wohnt. Er hat hier gelebt und gearbeitet, und er ist Golfspieler, mag also den Golfplatz und möchte ihm helfen. Vor fünf Jahren sprachen wir über seine Arbeit und darüber, wie Wissenschaftler vorhersagen, wie sich die Dinge in Zukunft verändern werden. Und er brachte uns dazu, über die Zukunft im Jahr 2050 oder 2100 nachzudenken. Er war also der Katalysator für uns.
Was war die erste Reaktion von Ihnen und den Verantwortlichen des Golfclubs? Waren Sie schockiert?
Neil Hampton: Nein. Ich denke, wir sind alle einigermaßen intelligente Menschen. Wir wissen, dass sich die Welt verändert, und den Klimawandel gibt es schon seit einer Weile. Ich glaube nur nicht, dass uns klar war, welch großen Unterschied das für uns bedeuten würde. Wissen Sie, wenn der Meeresspiegel um einen halben oder einen Meter ansteigt, wo bleiben dann die Golfplätze? Und was müssen wir dann tun? Wir sind uns alle bewusst, dass sich die Welt verändert. Wahrscheinlich haben wir es nur beiseite geschoben und nicht wirklich darüber nachgedacht, aber wir wussten, dass es in unserem Hinterkopf vorhanden war.
Offensichtlich ist der Struie-Kurs derjenige, bei dem man Lösungen finden muss.
Neil Hampton: Ja, denn er liegt viel tiefer. Wir hatten einige Erosionen in diesem Bereich, und so begann das Gespräch mit Alistair. Er hat uns dann seine Arbeit bei Dynamic Coast gezeigt; dann hatten wir Kontakt mit der St. Andrew’s University. Sie erforschen sanfte Methoden, um das Meer in Schach zu halten. All das zusammengenommen war sehr interessant.
Es gibt verschiedene Ansätze, um Erosionen zu stoppen; warum haben Sie sich für die Marschland-Methode entschieden?
Neil Hampton: Wir haben entlang von Teilen des Meisterschaftsplatzes einen Schutzwall aus Felsen, aber der wurde vor etwa 25 Jahren angelegt, damit die Wellen dagegen prallen. Heute wissen wir, dass wir die Bewegung der Wellen brechen müssen, damit der Aufprall des Meeres auf die Küstenlinie viel geringer ist. Wir haben diese Art von Kastanienzaun, wie wir es nennen, errichtet. Auf diese Weise brechen wir die Energie der Wellen, so dass sich der Sand ablagert und die Salzwiesen wieder anwachsen können. Irgendwann wird der Zaun überflüssig sein. Die Salzwiese selbst wird dann die Arbeit für uns erledigen.
Wie wird Royal Dornoch als Golfclub im Jahr 2050 aussehen?
Neil Hampton: Ich denke, dass wir als Golfclub und als Unternehmen immer noch in einer sehr guten Position sein werden. Wir sind zuversichtlich, dass sich der Meisterschaftsplatz in den nächsten 25, 26, 27 Jahren nicht wesentlich verändern wird. Wir konzentrieren uns auf den Struie-Platz und darauf, was wir mit ihm machen können.
Wir erleben viele Diskussionen über den ökologischen Beitrag des Golfsports und die Nutzung von Land für Golfplätze in größeren Städten in vielen Teilen Europas. Wie sehen Sie die Zukunft des Golfsports und der Links-Plätze in Schottland im Allgemeinen?Neil Hampton: Ich glaube nicht, dass sich die Position des Golfsports in Schottland ändern wird. Golf wird in Schottland immer noch als der Ort betrachtet, an dem das Spiel seinen Anfang nahm. Und deshalb wollen die Leute hierherkommen. In Royal Dornoch wird schon seit über 400 Jahren Golf gespielt. Das ist ein großer Teil der Geschichte. Die Menschen wollen mit eigenen Augen sehen, warum das Spiel auf der ganzen Welt so erfolgreich war. Warum hat es so viel Spaß gemacht, und warum wollten die Leute es überallhin mitnehmen? Ich glaube, dass Golf in Schottland immer noch sehr stark sein wird.
Hätten Sie sich vorstellen können, dass Sie, als Sie die Stelle als Geschäftsführer eines Golfclubs antraten, auch ein Experte für Dinge wie Küstenerosion werden würden?
Neil Hampton: Nein, das habe ich mir nicht vorgestellt. Als ich meinen Job antrat, ging es mir vor allem um das Golferlebnis und darum, dafür zu sorgen, dass die Leute dieses bekommen. Aber jetzt ist unser Aufgabengebiet viel breiter gefächert, und es macht viel mehr Spaß. Jeder möchte, dass seine Arbeit abwechslungsreich ist und dass es jeden Tag etwas anderes zu tun gibt. Es geht hier viel um Nachhaltigkeit. Zum Beispiel Recycling oder die Arbeit mit der Golf Environment Organisation – all diese Dinge, an denen wir uns in den letzten zehn Jahren beteiligt haben, sind wunderbar. Es hilft mir, das Spiel zu fördern, indem ich zeige, dass Golf gut für die Umwelt ist.
Wenn wir in die Historie zurückblicken, hat Golf eigentlich nicht viele Ressourcen gebraucht. Hilft es manchmal einen Blick in die Vergangenheit zu werfen?
Neil Hampton: Ja. Ich hatte kürzlich ein paar Diskussionen über die alten Zeiten in den siebziger und achtziger Jahren, als wir Golf im Farbfernsehen sahen. Meiner Meinung nach waren Farbfernseher gleichzeitig etwas Gutes und etwas Schlechtes für das Spiel, denn wir haben das Masters im April angesehen, das leuchtend grüne Gras und das tiefblaue Wasser und all diese schönen Blumen, und die Leute dachten, das Spiel müsse überall so sein. Jetzt haben wir es geschafft, den Kreis wieder zu schließen und zu der Tatsache zurückzukehren, dass ein Platz braun und gelb sein kann und die Fairways fest sind. So sollte das Spiel sein, und je weniger Einfluss wir haben, desto besser wird das Golferlebnis.
Ist es eine echte Stärke des Golfsports, dass er nicht mehr braucht als ein bisschen Gras und Wasser?
Neil Hampton: Ja, sehr sogar. Wenn wir zurückblicken und nach der Antwort auf die ursprüngliche Frage suchen, warum die Menschen nach Schottland kamen, um Golf zu spielen, sehen wir, dass wir immer nur das Gras gemäht haben, das schon da war. Wir haben kein neues Gras oder neue Samen importiert. Wir haben einfach gesagt: Hier ist ein Stück Gras; wir schneiden es ein wenig, maniküren es und arbeiten damit. In vielen Gesprächen, die ich über den Golfsport in den Vereinigten Staaten geführt habe, war zu hören, dass er so künstlich hergestellt wird und dass sie Gras in der Wüste anbauen, wo vorher kein Gras gewachsen ist. Da erkennt man den Unterschied zwischen der Intensität der Golfproduktion in den USA und der Leichtigkeit, die wir hier haben. Ich glaube, das ist der Weg, den das Spiel geht, und unser Team hier ist sich sehr bewusst, dass es darauf ankommt nur das zu schneiden, was notwendig ist. Das ist ein sehr einfacher Ansatz, und das ist gut so. Außerdem säen wir Wildblumensamen in den äußeren Spielbereichen aus. Wir haben jetzt unsere Bienenstöcke, wir haben unsere Insektenhotels. Wir geben uns große Mühe, das zu zeigen. Wenn man auf dem Golfplatz ist, ist man der Natur sehr nahe. Man befindet sich nicht in einer künstlichen Umgebung.
Die Anpassung an den Klimawandel kostet Geld….
Neil Hampton: Das war in Royal Dornoch noch nie ein Thema. Wir wollen in die Zukunft investieren, und wir wollen einen eigenen Nachhaltigkeitsbeauftragten haben, jemanden, der sich darum kümmert, dass wir alles richtig machen. Und auch hier können wir Geld sparen, wenn wir auf invasive Prozesse verzichten oder auf Prozesse, die im Verhältnis zu dem, was wir produzieren müssen, zu intensiv sind. In den nächsten vier Wochen haben wir eine Studentin der Stanford University hier. Sie analysiert unseren Kohlenstoff-Fußabdruck und wird uns sagen, was wir tun können, um ihn zu verringern.
Was ist Ihr langfristiges Ziel?
Neil Hampton: Wir wollen die Nummer eins der Golfclubs in der Welt sein, wenn es um Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit geht. Und wenn wir das hinbekommen, indem wir jemanden einstellen, der sich täglich darum kümmert, werden wir das auch schaffen. Dann erwarten wir, dass wir bei den Prozessen, die wir einführen, Geld sparen werden.
Wie reagiert der normale Clubgolfer auf all diese Projekte?
Ich höre keine Gespräche im Golfclub, an der Bar oder auf dem Golfplatz über die Umwelt. Diese Leute sind hier, um zu spielen und den Golfplatz zu genießen und den besten Sport oder das beste Erlebnis zu haben.
Einer der Eckpfeiler des Erfolgs ist die Interaktion zwischen dem Club und der gesamten Gesellschaft. Wie wichtig ist das für die Zukunft?
Neil Hampton: Wir sind in einer kleinen Stadt, in der nur 1500 Menschen leben. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass jeder seinen Teil dazu beitragen muss, dass Dornoch als Standort, als Unternehmen und als wirtschaftliches Umfeld wächst. Der Club hat sich in der Vergangenheit teilweise von der Stadt separiert. Ein Teil meiner Arbeit bestand darin, dafür zu sorgen, dass wir wieder in die Stadt zurückkehre. Jetzt sind wir ein Teil der Stadt sind und nicht nur der Grund für die Stadt. Ich arbeite in vielen Ausschüssen und Gremien mit. Wir finanzieren eine Menge Dinge mit. Wir sorgen dafür, dass der Club die Stadt in einer Weise unterstützt, die sich die Stadt wünscht. Dornoch ist ein kleiner Ort im Norden Schottlands; es ist keine große Metropole. Wir wissen, dass wir zusammenarbeiten müssen.
Apropos Zukunft: Haben Sie Angst vor Wetterextremen wie in anderen Ländern?
Neil Hampton: Bis jetzt hatten wir nicht die extremen Wetterbedingungen wie andere Länder. Als kleine Insel und weil wir im Norden einer kleinen Insel liegen, bekommen wir ein bisschen Wind, ein bisschen Regen, aber wir haben nicht die Dinge, die ich zum Beispiel in den Vereinigten Staaten sehe, diese riesigen Gewitterstürme. Ich denke also, dass Schottland die beste Umgebung für das Golfspiel ist. Haben wir Angst vor der Zukunft? Nein. Ich denke, wir haben das Glück, dort zu sein, wo wir sind. Bei uns regnet es viel. Wir haben viel Sonnenschein. Wir haben das Glück, dass Golf Schottlands Spiel ist, weil es hier am besten gespielt werden kann.