Nachhaltigkeit bedeutet, eine Vision zu haben
„Nachhaltigkeit bedeutet für mich, dass Sie eine Vision haben, wie eine Anlage in fünf Jahren und auf Dauer aussehen soll.“ Erhard Heck, Präsident des St. Eurach Land- und Golfclub, sitzt auf der – leeren – Terrasse des Clubs und blickt um sich. Eine Klein-Baustelle: Die Terrasse ist gerade erweitert worden, eine Outdoor-Bar wird installiert. Drinnen in der Gastronomie werkelt der neue Wirt an seiner Küchenausstattung – derweil liegt der Platz ohne Golfer sehr friedlich in der Frühlingssonne.
„Meine Vision bestand vom ersten Tag an darin, dass jeder, der hier hinkommt, einen perfekten Tag erleben soll. Ich muss Wohlfühlen bieten, um die Mitgliederzufriedenheit zu erhöhen, was wiederum dazu führt, dass ich nachhaltige Änderungen vornehmen kann“ – Erhard Heck, bis vor wenigen Jahren noch Europachef eines großen Pharmaunternehmens, ist inzwischen im dritten Jahr als Präsident des Traditionsclubs dabei, ein Problem zu bewältigen, das es in ähnlicher Form auf vergleichsweise vielen älteren Golfplätzen Deutschlands gibt: Die Struktur der Mitgliedschaft war überaltert, das Finanzierungskonzept des Clubs nicht mehr zeitgemäß und die für Investitionen verfügbaren Gelder wurden jährlich weniger. 2017, als der inzwischen in den Ruhestand gewechselte Heck zum Präsidenten wurde, war die Lage so prekär, dass die Anlage fast nur noch durch den Einstieg eines Investors zu retten schien.
Wie also wird aus einem Sanierungsfall nachhaltig ein Erfolgsprojekt?
Heck, der die Aufgabe übernahm, weil er von sich sagt, schon während seiner beruflichen Lage, habe er gerne Problemfälle in Angriff genommen, betont, wie wichtig aus seiner Sicht konzeptionelles Denken ist. Eine Prioritätenliste wurde erstellt. Sie las sich wie folgt:
- Mitgliederzufriedenheit erhöhen
- Erhöhung der Einnahmen
- Erhöhung der Qualität in allen Bereichen
- Bessere Integration von neuen Mitgliedern
- Vision 2020 erarbeiten und starten
- Clubleben aktivieren
Danach, so der Ex-Manager, habe er eigentlich anti-zyklisch reagiert. Statt weiter Kosten zu sparen, wurde auf der defizitären Anlage investiert.
- Die Driving Range sollte „outstandig“ werden, dreimal am Tag werden Ballpyramiden mit kostenlosen Bällen aufgestellt.
- Neue Bänke wurden aufgestellt.
- Sonntags wurden Greenfeespieler nicht mehr zugelassen
- Am Platz wurden bei den Grüns und Bunkern erste intensive Pflegemaßnahmen für eine nachhaltige Verbesserung gestartet.
- Ein Konzept für nachhaltiges Wassermanagement wurde erarbeitet.
Das Ziel „die Mitgliederzufriedenheit massiv zu erhöhen“ wurde dadurch erreicht. Außerdem wurde aus den Bilanzen ersichtlich, dass der Club eigentlich jedes Jahr ausreichend Einnahmen erzielte, um sogar Investitionen vorzunehmen. Allerdings war dies aufgrund der bis dahin existierenden Vorgabe zur Höhe des Auszahlungskapitals an Mitglieder unmöglich.
Der Stimmungsumschwung in der Mitgliedschaft sorgte auch hier bei der ersten Mitgliederversammlung für eine Lösung: Hinsichtlich des Auszahlungskapitals des Clubs wurde eine einvernehmliche Lösung gefunden, um den finanziellen Spielraum des Clubs zu erhöhen. Die Mitglieder stimmten zu fast 100 Prozent zu, seitdem hat der Golfclub jährlich sechsstellige Summen für Investitionen zur Verfügung.
Die Mitgliederstruktur hat sich inzwischen gewandelt, „sie musste deutlich aufgefrischt“ werden, wie es Heck formuliert. Vor allem die Einführung des Schnupperjahres erwies sich als wegweisend. „80 % davon müssen wir behalten“, lautete die Devise des Präsidiums. Tatsächlich verließen nur drei von 55 Schnuppergolfern den Club nach dem ersten Jahr der Einführung der Probemitgliedschaft.
Stolpersteine gab es trotzdem: „Ich hatte auch kritische Phasen“, gibt Heck zu. Da hat es geholfen, die Fehler einzuräumen, sich zu entschuldigen und die Fehler für die Zukunft zu vermeiden.
Jetzt macht ihm die Corona-Krise zu Beginn der Saison einen Strich durch die Saisonplanung: „Wenn ich vorher davon gewusst hätte, wäre ich bei den neuen Investitionen vielleicht etwas zurückhaltender gewesen“, stellt er fest. Andererseits: Die deutlich vergrößerte Terrasse lässt eben auch reichlich Raum für Social Distancing. Insofern ist er optimistisch und sieht die Situation auch als Chance. In Krisen bereinigt sich schließlich auch in der Golfbranche der Markt erfahrungsgemäß.
Vor drei Jahren wäre der St. Eurach Land- und Golf-Club zweifellos ein Insolvenz- oder Übernahmekandidat gewesen. Jetzt hat man den Eindruck: Die Anlage steht gut im Wettbewerb. „Wer nachhaltig agieren will, muss eher an Gestaltung als an Verwaltung denken, um langfristig Zufriedenheit zu schaffen“, sagt Heck dazu. Es schein, als sei dies ein Erfolgsrezept.