Nachhaltiges Greenkeeping: Dänemark setzt Akzente
Beim Greenkeeping geht es nicht in der Hauptsache um wachsendes Gras. Das ist der Satz, der uns auf unserer Recherchereise nach Dänemark immer wieder begegnet. In der Diskussion um die Frage, wie nachhaltiges Greenkeeping in der Zukunft aussehen wird, fällt der Name des skandinavischen Landes immer wieder. Dänemark gilt als Vorreiter eines nachhaltigen Greenkeepings, das seit Jahren auf deutlich weniger Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Nährstoffen setzt als in anderen Teilen der Welt üblich. Begründet liegt dies in hohem Maße auch darin, dass der Dänische Golf Verband bereits 2003 im Rahmen eines Green Audits ein Reporting zum Stickstoff- und Phosphor-Verbrauch abschloss und seit 2013 verpflichtend genaue Daten zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf den Golfanlagen erhebt.
Auswirkungen auf die Qualität
Direkt damit gekoppelt ist die Frage, wie es bei einer solchen Vorgehensweise um die Qualität von Golfplätzen bestellt ist. Wer dieser Frage auf den Grund geht, stellt schnell fest, dass es um weit mehr geht als um blanke Zahlen. Vielmehr stellt man im Gespräch mit den Dänen selbst fest, dass vor allem die grundsätzliche Frage dessen, was nachhaltiges Greenkeeping bedeutet, im Mittelpunkt der Diskussion steht.
Vor Ort im Großraum Kopenhagen sind es drei Head-Greenkeeper, mit denen wir diese Frage diskutieren: Per Rasmussen, Course Manager im Smorum Golfklub, jener Anlage, die seit einigen Jahren mit enormen sportlichen Erfolgen auf sich aufmerksam macht. Martin Nilsson, Head-Greenkeeper im Royal Kopenhagen Golf Club, dem ältesten Golfclub Skandinaviens, der sich auf dem Gelände eines Unesco Weltkulturerbes befindet. Der Einsatz von Pestiziden jeder Art ist hier streng verboten. Und dann ist da Gediminas Rudokas vom Brondby Golfclub, der die Aufgabe des Head-Greenkeepers 2018 übernommen hat und seitdem an der Transformation von Grünflächen arbeitet, die aufgrund unzureichender Pflege gänzlich verfilzt, überwässert und in schlechtem Zustand waren.
Bei der Recherche für diesen Artikel blicken wir also gemeinsam auf Grüns. Immer wieder. Wir fassen die Grasoberfläche an, sprechen über die Grünhärte. Darüber, wie sich Krankheiten ausbreiten, wenn es keine Pestizide mehr gibt, und wie lange es dauert, bis sich Grünflächen, die früher nach Wasser und Dünger lechzten, umstellen auf weniger Nährstoffe. Aufmerksamkeit allerdings erhalten sie mehr als früher.
Kommunikation an den Golfer entscheidend
Eigentlich ist dies eine Diskussion für Agronomen oder Greenkeeper, weil man leicht abrutschen kann in das Fachsimpeln von Grassorten, Stickstoffmengen oder Wasserbestandsteilen. Die Sache ist nur: Der normale Golfer versteht all‘ dies ohnehin nicht. Er will Golf spielen. Am liebsten auf guten Grüns. Der normale Golfer aber muss am Ende verstehen, warum sich Grüns in der Farbe, Konsistenz und Bespielbarkeit ändern, wenn es innerhalb der Europäischen Union tatsächlich zu dem Pestizidverbot kommt, das seit geraumer Zeit diskutiert, aber noch nicht beschlossen ist.
Geduld bei der Umstellung
Im Verlauf der Gespräche mit den drei dänischen Greenkeepern kristallisieren sich mehrere Grundpfeiler der Arbeit heraus. Wissen, Geduld und Unterstützung – das sind die drei Begriffe, die im Gespräch immer wieder fallen.
Jeder der Drei hat Greenkeeping ursprünglich auf die seit Jahrzehnten geltende Art und Weise mit viel Input an Nährstoffen und Wasser gelernt. „Dann bin ich 1998 in Kontakt mit einer britischen Gruppe gekommen, die sich vor allem dem Greenkeeping mit Fescue-Gräsern verschrieben hatte“, erinnert sich Rasmussen. Eine neue Welt mit neuem Wissen tat sich auf. Es ging weniger um das schöne tiefgrüne Gras an der Oberfläche, als darum, dass die Wurzeln in die Tiefe wachsen, sich dort ihre Nährstoffe und die Feuchtigkeit holen. Robust und gesund sollen die Grünoberflächen sein und Resilienz gegen Krankheiten entwickeln. „Wir sind Greenkeeper, die in kühlem Klima arbeiten“, fügt Nilsson noch hinzu, was eine wesentliche Anmerkung ist. Die sogenannten Fescue-Gräser fühlen sich eben nicht in jedem Klima wohl.
Trotzdem ist die Herangehensweise der drei Männer für ganz Europa relevant, weil sie auch extrem viel mit den zwei anderen Begriffen zu tun hat. Geduld und Unterstützung.
Die Umstellung des Greenkeepings ist keine Prozedur, die von heute auf morgen funktioniert. Rudokas steht vor einem Grün des Brondby Golf Clubs, das gerade mitten in dieser Phase steckt. Positiv gestimmt blickt er auf eine Fläche, die unterschiedliche Grassorten in unterschiedlichen Farben zeigt, aber nicht verfilzt ist und auch gut spielbar wirkt. „Zuerst musste ich den Filz loswerden“, erinnert er sich. Im ersten Jahr hat er die Oberfläche des Grüns dreimal mit großen Stacheln aerifiziert. Den Golfern ist diese Prozedur oftmals ein Graus, weil es mehrere Tage braucht, bis das Gras auf den Grüns wieder eine einheitliche Fläche bildet.
Die verfilzte Oberfläche im Brondby Golf Club wurde weniger, die Prozedur war von Jahr zu Jahr seltener nötig. „2023 habe ich sie zum ersten Mal nicht mehr gebraucht“, erklärt Rudokas. Der Begriff „Ninja-Nadeln“ fällt, als die drei Greenkeeper erklären, was das Endziel ist: Die Bearbeitung der Grüns mit sehr feinen Stacheln, die beim Aerifizieren nur noch kleine Ritzen verursachen und beim Spiel nicht stören. Abhängig vom Ausgangsstadium der Grüns kann es allerdings ein paar Jahre brauchen, bis man dieses Ziel erreicht. Wie gesagt: Man braucht Geduld.
Vor allem aber braucht der Greenkeeper die Unterstützung von Präsidium und Management: „Man muss als Greenkeeper unbedingt an das glauben, was man da tut und sich behaupten“, erklärt Nilsson, inzwischen auch Vizepräsident der europäischen Greenkeepervereinigung FEGGA. Nur wer vor den Mitgliedern und Präsidium glaubhaft eine Strategie erläutern und mit Daten untermauern könne, dürfe letztlich auf Erfolg bei einer Änderung der Greenkeeping-Strategie hoffen.
Schließlich ist innerhalb des Transformationsprozesses niemand vor Rückschlägen gefeit. „Da gibt es dann natürlich Druck, den man sich auch selbst macht“, erinnert sich Rasmussen im Smorum Golf Club an seine Startphase. „Aber ich habe es geschafft, die Club-Verantwortlichen davon zu überzeugen, dass dies die beste Art des Managements ist“. Anders als seine Kollegen hat er im vergangenen Jahr noch einmal ein Fungizid kurz vor Weihnachten angewendet, um gut über den Winter zu kommen. In einem Club mit über 3000 Mitgliedern und hohem sportlichen Anspruch, so seine Erkenntnis, sei der komplette Verzicht auf Pestizide schwer umsetzbar.
„Wir wollen den Einsatz unbedingt weiter reduzieren und sind uns da mit der Regierung einig. Aber wir brauchen auch noch Produkte für den Notfall“, erklärt Torben Kastrup Petersen von der Dänischen Golf Union, der unter anderem das Thema Nachhaltigkeit betreut. Durch das Reporting aller Clubs in den vergangenen Jahren habe man aber dokumentiert, dass die Anwendung minimal sei. Vertrauen in die Vorgehensweise der Golfanlagen sei dadurch auf Regierungsseite gewachsen. Transparenz, so seine Empfehlung an andere Golfnationen, sei der erste Weg zum Erfolg.
Das sehen die Greenkeeper vor Ort genauso. Die Kommunikation ihrer Methoden und Ziele hat ihnen den Rückhalt verschafft, den sie brauchten, um ein neues Managementmodell zu etablieren. Jetzt sitzen sie in der Runde und fachsimpeln über Gras. Der Besucher versteht dabei nicht alles. Eines allerdings wird klar: Greenkeeping heißt in diesem Fall Leidenschaft – die Leidenschaft nachhaltig besser zu arbeiten.