LBV sieht beim Golfplatz viel Potential für Artenvielfalt
Naturschutzverbände und Golfplatzbetreiber – vor 20 Jahren verband diese Gruppen vor allem eines: Große Skepsis. Die Zeiten haben sich geändert. „Wenn ich vor einer dieser Blühwiesen stehe, geht mir das Herz auf“, sagt Elisabeth Wölfl. Die Leiterin der Geschäftsstelle Oberbayern des Landesbundes für Vogelschutz in Bayern hat in den vergangenen zwei Jahren auf Golfplätzen in Bayern so manche Blühwiese gesehen. In Bayern ist – einzigartig in Deutschland – inzwischen eine sehr intensive Kooperation zwischen dem Umweltverband und dem Bayerischen Golfverband entstanden. Im Rahmen des Blühpaktes Bayern, den der BGV zusammen mit dem Bayerischen Umweltministerium abgeschlossen hat, besucht, beurteilt und berät der LBV durchgängig alle teilnehmenden Golfanlagen. Es geht um die Förderung der Biodiversität, mehr Artenvielfalt, auf den Golfplätzen. Für Wölfl ist klar: Die Golfplätze haben viel Potential, was die Steigerung der Artenvielfalt betrifft.
Ein externer Blick auf die Projekte
„Ich war sehr überrascht“, erinnert sich Elisabeth Wölfl, diplomierte Landespflegerin, an ihren ersten Ausflug auf eine Golfanlage. Es war der GC Schloß Maxlrain, den sie als „Parkanlage im Sinne eines Landschaftsparks schätzen gelernt hat.“ Mein Eindruck war, dass die Verantwortlichen hier „wirklich etwas für die Natur tun wollen und man sich auch intensiv darum kümmert.“
Die Einbindung des Umweltverbandes als Berater bedeutet für die Golfanlagen Hilfe durch externe Expertise. Gleichzeitig werfen hier aber auch Fachleute einen kritischen Blick auf den Bestand. Das Vorgehen ist dabei gründlich. Schon vor dem Besuch sichtet Wölfl zum Beispiel digitale Karten, macht sich ein erstes Bild zu Biotopen und Schutzgebieten. Eine Übersichtskarte mit allen Löchern wird erstellt, so dass vor Ort dann die Checkliste abgearbeitet werden kann, in der wesentliche Themen des Blühpakts festgehalten werden.
Wiesenflächen sind das große Plus
„Mulchen geht gar nicht“, erklärt Wölfl denn auch in Richtung der Golfclubs. Bei den Hardroughs und Wiesen muss das Mähgut abgetragen werden, im Idealfall sogar mit der Sense oder dem Balkenmäher gemäht werden. „Natürlich müssen wir sehen, was pflegetechnisch machbar ist“, schränkt sie ein. Nach zahlreichen Begegnungen mit Greenkeepern, deren gute Ausbildung sie ebenfalls überrascht hat, weiß sie inzwischen auch um Themen wie Personalmangel.
Die Wiesenflächen aber, das bekräftigt sie noch einmal, sind das große Plus der Golfanlagen, wenn man über Artenvielfalt spricht. „Schöne Blühwiesen, wo finden wir die noch?“ Bei der Neuansaat solcher Flächen rät sie dringend zur Verwendung von regionalem Saatgut. Dabei sollte man immer im Hinterkopf haben, dass die Vielfalt der Pflanzen eine deutliche Vervielfachung der Insekten bedeute. „Wir gehen bei 40 bis 50 Pflanzen von 400 bis 500 unterschiedlichen Insekten aus“.
Andere Projekte sind etwas einfacher und oftmals auch kostengünstiger umzusetzen. „Abgebrochene Äste als Totholz liegen, Waldsäume als guten Übergang zum Fairway stehen zu lassen“, koste kein Geld. Einfache Projekte, so die Erfahrung des LBV, erfordern kein Expertenwissen und bedeuten gleichzeitig eine Verbesserung des Lebensraums für Pflanzen und Tiere.
Flachwasserzonen schaffen
Was die Teiche anbelangt, so rät Wölfl übrigens dringend davon ab, darin Fische einzusetzen. Die Gewässerqualität leide deutlich. Vielmehr gehe es bei Golfanlagen, egal ob der Teich ins Spiel integriert sei oder nicht, darum, eine Verbindung aus Bereichen zu ermöglichen, die als Biotope funktionieren und gleichzeitig das Spiel nicht behindern. Flachwasserzonen zum Beispiel werden sehr schnell von unterschiedlichsten Insekten, aber auch von Amphibien besiedelt.
Die Kooperation mit dem Golfverband geht 2023 ins dritte Jahr. Beim Landesbund für Vogelschutz haben die verschiedenen Berater inzwischen über Golfplätze wohl ebenso viel gelernt wie die Golfplatzbetreiber über die Möglichkeiten, die ihr Gelände für die Förderung der Biodiversität hergibt. Ein Ende der Maßnahmen ist für Elisabeth Wölfl dabei nicht in Sicht. „Es gibt immer noch viele Flächen, die man aus der Pflege herausnehmen oder naturnaher gestalten könnte“, zieht sie ein Fazit. „Der Idealfall wären für mich 50 bis 60 Prozent Ausgleichsflächen.“