Golfreisen: Große Ziele – kleiner Abdruck
Reisen macht Spaß. Und das kann auch so bleiben. Trotzdem gilt: Urlaub funktioniert auch umweltverträglich, wenn die Planung stimmt.
Dabei ist die Liste der Wunschziele scheinbar unendlich: Einmal im Leben nach Pebble Beach. Endlich einmal der erste Abschlag auf dem Old Course von St. Andrews. Es lockt das ferne Vietnam mit all‘ seinen neuen Plätzen und um ehrlich zu sein: Die Reisen nach Mauritius waren immer große klasse und auf Mallorca fühlt sich der Golfer ja eigentlich schon wie zu Hause.
Urlaubsnachfrage ist gestiegen
Reisen macht Spaß. Sehr viel Spaß sogar. Laut dem Deutschen Reiseverband (DRV) ist der Reiseboom in Deutschland zuletzt wieder ungebremst. „Die Urlaubsnachfrage ist im vergangenen Tourismusjahr deutlich gestiegen – vor allem Auslands- und Fernreisen sowie Kreuzfahrten waren wieder gefragt“ heißt es beim DRV. Und beim ÖRV, dem österreichischen Pendant blickt man ebenfalls mit einem ähnlich hohen Optimismus in das Jahr 2024 – insbesondere hinsichtlich des Haupturlaubes der Reisenden.
Mit Blick auf das Thema Umweltschutz kommt allerdings ein wenig Skepsis auf. Tatsache nämlich ist, und das ist inzwischen auch jedem Golfer bewusst, speziell Flugreisen lassen den CO2-Fußabdruck einer Person bedenklich in die Höhe schießen. Die Tourismusindustrie spielt eine wesentliche Rolle, wenn es um die weltweiten Emissionen geht. Die Tatsache, dass der Flugverkehr auf unabsehbare Zeit auf fossilen Energien beruht und damit erheblich zum Klimawandel beiträgt, ist nicht von der Hand zu weisen. Wie also lassen sich ein höheres Umweltbewusstsein und die Reiselust vereinbaren?
Wenig Nachfrage nach nachhaltigen Reisen
Und wie groß ist insgesamt die Nachfrage nach nachhaltigen Reisen? Laut Markus Orth, Vorstandsvorsitzender der Lufthansa City Center Reisebüropartner GmbH, sind diese Angebote im deutschen Markt eher wenig nachgefragt. „Es sind weniger als ein oder zwei Prozent, die nachhaltige Reisen buchen“, so das DRV-Vorstandsmitglied auf der ITB Berlin 2024 im Rahmen der Vortragsreihe Responsible Tourism Track. „Das müssen wir ändern“, findet Orth.
Status quo beim Buchungsverhalten in Europa
Die Reisemärkte in den unterschiedlichen Ländern unterscheiden sich dabei stark. Während Deutschland laut Orth die höchste Preis-Sensibilität in den Reiseplanungen der Kunden besäße und hier „zu 90 Prozent preisorientiert“ gebucht werde, sei dies laut dem Manager in den UK-Ländern oder aber in der Schweiz deutlich weniger der Fall.
Angesichts aktueller Studien müsste die Zurückhaltung bei nachhaltigen Reisen eigentlich wesentlich höher sein. Nicht nur deshalb, weil laut der Nachhaltigkeitsinitiative Futouris die Tourismusbranche mit rund acht Prozent aller Emissionen einen großen Teil zur globalen Erwärmung beitägt. Sondern auch deshalb, weil das Nachhaltigkeitsthema auch eine breite Zustimmung in Umfragen findet. Mehr als 80 Prozent der Befragten unter Reiseveranstaltern besitzt gemäß einer Fouturis-Umfrage eine positive Einstellung zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Auch bei Urlaubsreisenden, die einen verstärkten Wert auf die Sozialverträglichkeit (56 Prozent) und Umweltfreundlichkeit (42 Prozent) legen, gilt dies. Demnach versuchen 36 Prozent der befragten Urlauber bereits, den Klimafußabdruck ihrer Reise möglichst gering zu halten.
Die Haupt-Problemfelder
Als der größte Problemfaktor innerhalb der Reisebranche gilt die fehlende Transparenz für den Verbraucher bei Reisebuchungen. „Wir müssen den Fußabdruck am point-of-sale sichtbar machen“, forderte Laura Meyer, CEO der Hotelplan Group auf der ITB. Um das klimaverträgliche Jahresbudget eines Menschen von 1.500 Kilogramm CO2 pro Jahr einzuhalten, plädiert Meyer bei der Mobilität unter anderem für mehr Eisenbahn-Reisen und nachhaltigen Treibstoff für Flugzeuge, wobei speziell die Eisenbahn-Reisen bei Golfern oftmals aufgrund ihres großen Gepäcks gescheut werden.
Grundsätzlich gibt es im Hinblick auf das Thema nachhaltiges Reisen viel Verbesserungspotential. Mehr Transparenz bei der Kommunikation an den Urlaub zum Beispiel, was die Lieferketten in der Gastronomie anbelangt ist genauso ein Thema wie die unmittelbare CO₂-Bilanz bei An- und Abreisen. Dazu kommen Fragen wie Plastikreduzierung im Hotel, die Verwendung vorrangig grüner Energien, die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung oder die soziale Verantwortung gegenüber der Region und dem eigenen Personal. Auch die Verbesserung der Angebote zu barriefreiem Urlaub fällt in das Segment Nachhaltigkeit. Und selbst im Bereich Digitalisierung lässt sich nach Ansicht von Martin Wimmer, Chief Digital Officer des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMZ), im Tourismus noch einiges verbessern.
Verbesserungen in Sicht
Die Tourismusbranche ist sich der Herausforderungen bewusst und setzt auf kontinuierliche Verbesserung. Um mehr Transparenz für Reiseveranstalter, Vertrieb und Reisende hinsichtlich der klimaschädlichen Emissionen der angebotenen Reisen zu erzielen und um einen gemeinsamen Standard zur Berechnung des CO2e-Ausstoßes zu erreichen, gründeten 22 Unternehmen und Verbände im Jahr 2022 KlimaLink. Eine Plattform, die seit 2023 mit dem Deutschen Klimafonds Tourismus (DKT) zusammenarbeitet. Ab Sommer 2024 soll hier laut der KlimaLink-Vorsitzenden Swantje Lehners jedermann den Klimafußabdruck einer Reise in einer Emissionsplattform berechnen können.
Weitere Projekte fassen Tourismusverbände bereits seit längerem ins Auge. Dazu gehört in Deutschland unter anderem auch das Bundesland Bayern. Die BTM integriert 32 Destinationen in ihrem Netzwerk für nachhaltige Destinationsentwicklung und rückt dabei neben den klassischen Nachhaltigkeitsbereichen auch die Rolle von Einheimischen im Tourismusmarkt in den Blickpunkt. Christian Nordhorn, der die Nachhaltige Destinationsentwicklung in Bayern im Rahmen der Freizeit- und Reisemesse f.r.e.e. im Februar in München vorstellte, ist mit Verweis auf Datenmaterial des Bayerischen Zentrums für Tourismus sicher. „Bis 2040 werden Gäste stark auf Nachhaltigkeit achten.“
An positiven Beispielen für nachhaltige Reiseangebote mangelt es generell nicht. Die auf sanften Tourismus, Klimaschutz und nachhaltigen Urlaub setzende Plattform Green Pearls stellt zahlreiche Hotels und Destinationen vor, die sich dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben haben. Auch bei Green Sign findet man zahlreiche Hotels, die hohen Nachhaltigkeitsstandards entsprechen.
Planung eines nachhaltigen Golf-Urlaubs
Wer die nächste Golfreise unter Nachhaltigkeitsaspekten plant, sollte dabei den einen oder anderen wichtigen Faktor beachten. Übergreifend gilt: Nahziele vor Fernreisen wählen. Golf-Flugreisen wie zum Beispiel nach Mauritius mögen angesichts einer traumhaften Landschaft durchaus ihren Reiz besitzen, dabei muss man sich aber dem dabei entstehenden CO₂-Fußabdruck bewusst werden. Dieser kann je nach Start-/Zielflughafen gegenüber einem Nahziel schon mal das Vierfache betragen.
Auch zwischen Reisen mit dem Flugzeug, mit der Bahn oder mit dem Auto bestehen deutliche Unterschiede. Wie ein Beitrag von Golf Sustainable auf Grundlage des Fußabdruckrechners der Uni Graz verdeutlicht, können Fahrten im Zug gegenüber Golf-Reisen mit dem PKW erheblich weniger an CO₂-Emissionen verursachen. Flugreisen können auch mithilfe von CO₂-Kompensationsangeboten geplant werden. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) listet atmosfair, myclimate und moorfutures als ausgewählte Kompensationsanbieter.
Auch die Wahl der Unterkunft spielt eine Rolle. Ferienwohnungen weisen gegenüber 5-Sterne-Hotels sowohl absolut als auch relativ deutlich bessere Bilanzen auf, weil hier zum Beispiel keine energieintensiven Spas zum Tragen kommen. Unabhängig vom Reiseziel differieren die prozentualen Anteile bei der Unterkunft stark. Auch die Golfrunden an sich dürfen nicht außer Acht gelassen werden, wenn es um die CO₂-Bilanz geht.
Das Thema Wasser spielt bei der Wahl des Urlaubsortes eine Rolle. Portugal zum Beispiel verwendet derzeit kaum wiederaufbereitetes Brauchwasser für die Beregnung und hat wenig Wasser zur Verfügung, so dass auf den Golfplätzen mit Wasser extrem sparsam umgegangen werden muss. Auch in Spanien gibt es teils massive Wasserbeschränkungen, wie zum Beispiel die anhaltende Dürre in Katalonien im Jahr 2023. Auf zahlreichen südlichen Plätzen wird aber auch mit recyceltem Brauchwasser beregnet, so dass es keine direkten Notstände gibt.
Zertifikate:
Wer sich im Dschungel der Reisezertifizierungen einen Überblick verschaffen will, findet im Netz beim Portal Destinet.eu von ECOTRANS, dem 1988 gegründeten europäischen Netzwerk zu einer nachhaltigen Tourismusentwicklung, eine gute Übersicht mit Hinweisen zu den mittlerweile über 150 Zertifikaten im Tourismusmarkt.
Wer des Weiteren bei der Online-Recherche nach Anbietern von Reisezertifikaten und -siegeln Ausschau hält, bekommt hier eine Fülle an Ergebnissen mit Zertifikaten ausgespuckt. Bei den Anbietern für nachhaltige Hotelzertifizierungen ist man nicht schlecht beraten, sich an Zertifizierungen zu halten, die beim Global Sustainable Tourism Council (GSTC) als gültig gelistet sind. Dort gültige Labels wie zum Beispiel Stay Fair sollen gewährleisten, dass hier alle Unterkünfte mit einem einheitlichen Nachhaltigkeitslabel die gleichen ökologischen, sozialen und ökonomischen Standards erfüllen. International ist Green Key eines von unterschiedlichen Siegeln, die man bei der Hotelauswahl berücksichtigen kann.
Ein wenig Rechercheaufwand ist also dabei, wenn man seinen Urlaub ein wenig nachhaltiger gestalten will. Dafür entdeckt man auf diese Weise Destinationen, Resorts und Hotels, die nicht um klassischen Inventar des Golf-Tourismus gehören. Neues entdecken ist also durchaus eine Devise, die sich mit dem Wunsch nach einem umweltfreundlicheren Urlaub verbinden lässt. Diese Offenheit für Neues steigert den Reiz der Reise dann ohnehin.
Der Artikel wurde auch veröffentlicht in der Ausgabe 2/2024 des Magazins Simply Golf, das mit dem Schwerpunkt Golf & Nachhaltigkeit produziert wurde.