Es herrscht Stille. Und diese Stille dürfte in vielen Teilen der Golfindustrie erst einmal für Aufatmen sorgen. Das Thema Sustainable Use Regulation der EU-Kommission, das in den vergangenen zwei Jahren Europas Golfverbände mit der Aussicht auf ein Komplettverbot des Einsatzes von Pestiziden in Bann hielt, ist derzeit offenbar kein Thema mehr. Im Februar 2024 hatte die EU-Kommission ihren dahingehenden Vorschlag, der nicht nur Sportplätze sondern auch zahlreiche andere Grün-, Garten- und Freiflächen betroffen hätte, zurückgenommen, weil die Gegenwehr aus verschiedenen Industriezweigen zu stark war. Unklar war bis dato, welchen Vorschlag die EU-Kommission 2025 nachlegen würde.
Bis dato nur „Vision für Agrarsektor“
Stand heute, ist ein neuer Vorschlag nicht absehbar. Das jedenfalls erfährt man, wenn man der EU-Kommission anfragt. Zwar hat diese Ende Februar ihre neue Vision für Landwirtschaft und Ernährung vorgelegt, sich damit aber ausschließlich auf den Agronomiesektor beschränkt. Aussagen zu allen anderen Grün- und Freiflächen gab es nicht. Und, so ist zu hören, man habe „keine weiteren Informationen hinzuzufügen.“ Neue Planungen zur Weiterbehandlung der Sustainable Use Regulation gäbe es derzeit nicht.
Geltende Richtlinien bleiben bestehen
Was bedeutet das für Golfplätze und andere Sportplätze? Mit einer Verschärfung der Richtlinien zumindest von EU-Seite ist vorerst nicht zu rechnen. Die bis dato geltenden Richtlinien aus dem Jahr 2009 zum Einsatz von Pestiziden sind weiter in Kraft. Hierin sind Richtlinien zu Maßnahmen festgelegt, die letztlich dann von jedem einzelnen Land individuell umgesetzt werden. In der Praxis bedeutet dies, dass sich der Pestizideinsatz auf europäischen Golfplätzen durchaus stark unterscheidet, weil manche Länder wie Dänemark und Frankreich den Einsatz deutlicher restriktiver handhaben als die anderen EU-Nationen. Die Entscheidungshoheit auf nationaler Ebene bedeutet aber auch, dass einzelne Länder die Bestimmungen durchaus verschärfen können – je nachdem, ob dies politisch gewollt ist oder nicht.
Bei der European Golf Association, die gegenüber der EU-Kommission als Vertreter der nationalen europäischen Golfverbände auftritt, hält man sich mit einer Reaktion zum neuen Status Quo erst einmal bedeckt. Angesichts der Tatsache, dass sich die Vision der EU-Kommission nur auf die Landwirtschaft beziehe, will man diese auch nicht kommentieren. „Die EGA verfolgt aber weiterhin eine Minimierung des Einsatzes von Pesitziden wie er innerhalb der „Sustainable Use of Pesticide Direktive der EU vorgesehen war“, heißt es aus der Geschäftsstelle.
Die Marschroute im Golfsport lautet also weiterhin: Weniger Pestizide. Das dürfte auch daran liegen, dass das gesamte Thema Pflanzenschutzmittel extrem politisch ist. In der Praxis bedeutet dies: Seit der Europa-Wahl im vergangenen Jahr hat sich die Stimmung im Parlament eher hin zu einer „pragmatischen“ Nachhaltigkeitsdebatte verschoben, wie es die Kommission selbst formuliert. Sollte sich die Stimmungslage innerhalb der EU aber in der Zukunft wieder zu einer ambitionierteren Umwelt- und Gesundheitspolitik wandeln, könnte auch das komplette Pestizidverbot sehr schnell wieder aktuell werden.
Von ihrem bisherigen Ziel will die EU-Kommission nämlich keineswegs lassen: „Wie Präsidentin von der Leyen betont hat, ist das Thema nach wie vor relevant, ebenso wie das Ziel, die Risiken und den Einsatz chemischer Pestizide zu verringern. Um jedoch voranzukommen, bedarf es eines stärkeren Dialogs und eines anderen Ansatzes.“ Mit diesem Ansatz will man nun in der Landwirtschaft starten. Von einer anderen Vorgehensweise bei allen anderen Grünflächen ist nicht die Rede.
Europas Golfbranche hat damit eine Chance zur Selbst-Organisation und Strategieentwicklung beim Thema Pestizideinsatz bekommen. Das Zeitfenster für diese Chance aber ist nicht definiert. Das Aus für den Pestizideinsatz kann nie kommen – oder vielleicht schon nächstes Jahr.