Vision 2050: Golf It! als Modellbeispiel der Zukunft
Alyson McKechin, ehemalige Proette auf der Ladies European Tour, kennt beide Seiten: Das Golfspiel in klassischen schottischen und internationalen Golfclubs genauso wie das Getümmel auf einer öffentlichen Golfanlage. Die Schottin ist Leiterin der Golfakademie Golf It!, jener Anlage, die der R&A zusammen mit der Stadt Glasgow zu einem Versuchsfeld für eine neue Form des Golfspiels gemacht hat. Hier wird auf einer 9-Löcher-Anlage mit Driving Range und diversen anderen Golf-Spielformen eben vor allem Fun geboten. Ziel ist es, Golf für die breite Bevölkerung attraktiv zu machen.
Alyson, Sie sind mit dem traditionellen Golfsport aufgewachsen. Jetzt sind Sie verantwortlich für die Golfakademie eines 9-Loch-Golfplatzes, der offensichtlich für verschiedene Gruppen von Golfern sehr attraktiv ist. Wie ist Ihr Gefühl, wie viele Löcher sollte der Golfplatz der Zukunft haben?
Für mich war es eine sehr interessante Erfahrung, aus einem traditionellen Hintergrund zu kommen und dann zu einer Event-Golfanlage zu wechseln. Mit neun Löchern ist das Spiel natürlich schneller und ein bisschen einfacher, und dann zieht man auch ein Publikum an, das nicht die Zeit für 18 Löcher hat. Aber für mich sieht die Zukunft des Golfsports eher nach Plätzen mit Löchern aus. 12 Löcher liegen in der Mitte und sind ein bisschen länger als neun Löcher, aber viel kürzer als 18. Mit 12 Löchern kann man wirklich ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den verschiedenen Turnieren und anderen Events herstellen. Und dann kann man 12 Löcher auch noch gut in zwei getrennte Plätze aufteilen.
Im Moment sehen wir, wie Städte Golfplätze in Großbritannien schließen, weil auf dem Gelände Immobilien entstehen. Golf It! liegt im Stadtzentrum. Wo wird sich der Golfplatz der Zukunft befinden? Wird er eine grüne Lunge mitten in der Gemeinde sein oder eine Freizeitanlage außerhalb von Städten?
Ich denke, eher in der Mitte. Wir wollen mit Golf It! diese Vision auch weltweit verbreiten. Der Grund für die Ansiedlung von Golf It! an genau dieser Stelle in Glasgow bestand zum Beispiel auch darin, dass das Gebiet, in dem es liegt, ein ziemlich benachteiligtes ist. Es ist wichtig für uns, den Menschen dort die Möglichkeit zu geben, zu spielen und das Spiel erschwinglicher und zugänglicher zu machen. Aber wir haben hier vor allem auch alle Verkehrsanbindungen in der Nähe, da wir so nah am Stadtzentrum liegen. Die Zugänglichkeit ist dadurch viel besser. Ich denke, dass grundsätzlich das Community-Gefühl, das man rund um einen Platz aufbaut, extrem wichtig für den Erfolg eines Platzes ist.
Golf It! hat sowohl neue Golfer als auch gute Golfer als Kunden. Was zieht sie am meisten an?
Wir haben eine Andventure Golf-Anlage hier und Parkgolf, das sind wirklich kurze Formen des Golfsports, und das ist sozusagen die Einstiegsstufe in das Spiel. Und dann haben wir die Driving Range und den Golfplatz mit den verschiedenen Abschlagpositionen.Es also für jeden etwas dabei. Aber ich denke, es ist auch diese entspannte Umgebung, die wir schaffen konnten. Wir haben z. B. einen Street-Food-Anbieter, der uns mit allen Speisen und Getränken versorgt, dazu einen netten Barbereich, wo man einfach reinkommen kann und es keine Kleidungsvorschriften gibt. Außerdem läuft immer Musik.
Außerdem haben wir bei der Planung des Golfplatzes eine Menge Geld ausgegeben, um sicherzustellen, dass wir fast 365 Tage lang einen Golfplatz anbieten können. Die Drainage, die wir installiert haben, und all die Arbeit, die das Greenkeeping-Team auf dem Golfplatz leistet, machen es möglich, dass wir normalerweise geöffnet sind, wenn andere Plätze in der Umgebung geschlossen sind. Insgesamt macht es also der Mix: Es gibt viele Gründe, hier vorbeizukommen.
Wenn Sie an klassische Golfclubs mit 18 Löchern, Driving Range, Clubhaus und einem traditionellen Management denken – was sind Elemente, die wir in Zukunft nicht mehr brauchen?
Ich sage immer, dass es auch einen Platz für den sehr traditionellen Club im Golfsport gibt. Aber grundsätzlich denke ich sollten die Regeln und die Barrieren abgeschafft werden, die in bestimmten Vereinen errichtet werden. Ich habe das Gefühl, dass das den Fortschritt und die Aufnahme neuer Leute wirklich behindert. Ich denke, dass wir mit Golf It! so erfolgreich sind, weil es keine Vorurteile gegenüber den Kunden gibt.
Newsletter abonnieren!
News & Trends rund um das Thema Nachhaltigkeit im Golfsport
Golf It! zieht besonders viele Frauen an? Die Beteiligung von Frauen ist ein wichtiges Thema für die Zukunft des Golfsports, da es Ländern wie England noch ein großes Potenzial gibt Warum ist Golf It! so attraktiv für Frauen?
Der schottische Landesdurchschnitt liegt bei 12 Prozent weiblichen Golfern. Wir haben eine Quote von 36 %. Ich denke, das liegt an einigen der Programme, die wir zum Beispiel mit Hilfe von Scottish Golf entwickeln konnten. Aber es liegt auch an dem Umfeld, das wir bieten können. Die Rückmeldung unserer Frauen zeigt, dass sie die freundliche, einladende Umgebung mögen. Wir können einen Teil der Driving Range zum Beispiel so abgrenzen, dass sich die Frauen nicht unter Druck gesetzt fühlen und alleine trainieren. Wir monatlichen Treffen sehen die Frauen Freunde, schlagen ein paar Bälle, trinken einen Tee oder Kaffee und haben einfach ein bisschen Spaß.
Der Golfsport in Großbritannien hat sich in den vergangenen zehn Jahren zunehmend für Frauen geöffnet. Können Sie sich vorstellen, dass es im Jahr 2050 fast 50 % Golferinnen geben wird?
Ich denke, wir könnten 40 % Beteiligungsquote schaffen, was erstaunlich wäre. Wir sehen schon jetzt mehr Frauengolf im Fernsehen. Es gibt auch mehr Initiativen für den Frauengolfsport. Für mich geht es darum, die Geschäftsführer von Golfclubs dazu zu bringen, die verschiedenen Initiativen zu unterstützen, die es bereits gibt, um mehr Frauen für den Golfsport zu begeistern.
Stellen wir uns vor, Sie könnten sich Ihren Lieblingsgolfclub der Zukunft aussuchen. Wie würde er aussehen und welche Art von Platz würden Sie als hervorragende Spielerin erwarten?
Für mich persönlich würde ich mir einen anspruchsvollen Platz wünschen. Aber ich hätte auch gerne ein freundliches und einladendes Umfeld und einen lockeren Club, in den ich Freunde und Familie mitbringen kann. Und vielleicht könnte ich mit ihnen neben dem anspruchsvollen Platz auch auf einem Par-3-Platz spielen.
Wir haben gesehen, dass die Plätze in der Vergangenheit immer länger geworden sind. Braucht es diese Länge der Golfplätze im Hinblick auf eine mögliche Zukunft des Golfsports?
Ich denke, wir gewöhnen uns zu sehr daran, die Abschläge immer wieder um 50 Meter zurückzusetzen, vor allem bei großen Turnieren. Aber wenn man sich unsere traditionellen Links-Golfplätze anschaut, wie einige der Plätze in Saint Andrews, dann sind sie wirklich gut konzipiert. Dinge wie Wind, strategische Bunker, Grüns und Ondulationen machen einem zu schaffen. Wir müssen also zu diesen anspruchsvolleren und strategischeren Löchern zurückkehren, anstatt nur auf die Länge zu achten.
Wie macht man bei Golf It ein schwieriges Grün für einen Anfänger spielbar und für einen guten Golfer anspruchsvoll?
Wir haben an jedem Loch eine Par-3-Position, und zwar in Form eines großen Sterns. Kein Loch ist länger als 100 Meter von diesen Abschlägen entfernt, und wir haben noch vier weitere verschiedene Abschlagpositionen. Sie können also auch aus 200 Metern auf das gleiche Grün schlagen.
Das Image des Golfsports in Europa ist nicht sehr positiv. Sie kommen viel mit neuen Golfern aus Glasgow in Kontakt. Wie hat Golf It! das Image des Golfsports verbessert?
Wir haben unter anderem eine Art Bildungsprogramm in unseren Schulen ins Leben gerufen und fast 12.000 Kinder in unserer Region an den Golfsport herangeführt, was fantastisch ist. Kinder und Eltern kommen jetzt in den Hub und erleben Golf gemeinsam als Familie, was meiner Meinung nach in den letzten Jahren verpasst wurde. Das hat uns geholfen, den Golfsport attraktiver zu gestalten.
Stellen Sie sich vor, Sie leiten einen traditionellen Golfclub, der hauptsächlich männliche Kunden über 60 Jahre hat. Sie werden der neue General Manager mit unbegrenztem Budget. Was werden Ihre ersten drei Projekte sein?
Ich mag diese Fragen (großes Lächeln im Gesicht). An erster Stelle würde ich Initiativen initiieren, um mehr Angebote für Frauen zu schaffen. Ich würde mir überlegen, wie wir mehr Trainer oder mehr Freiwillige einsetzen könnten, um das Publikum zu erweitern und mehr Frauen in den Verein zu holen. Als zweites würde ich ein lokales Schulprogramm starten. Dafür braucht man mindestens eine Perso, um das Programm durchführen. Als Drittes würde ich mich um bessere Nachhaltigkeitspraktiken bemühen. Es wäre als eine Mischung aus mehr Partizipation und mehr Nachhaltigkeit.