Unwetter: Resilienz aufbauen und richtig absichern
Überschwemmte Fairways, Bunker und Grüns, wohin man blickt: Im November traf Teile Schottlands eine Unwetterwelle. Der Open-Platz Carnoustie wurde in vielen Teilen überschwemmt, andere Plätze ebenfalls. Kningknowe Golf Club meldete 70 Millimeter Niederschlag in 36 Stunden. Ein typischer Fall für ein Starkregenereignis also, wie man es europaweit aufgrund der Klimaveränderungen immer häufiger erlebt.
In Deutschland wird man den 14. Juli 2021 auf der Golfanlage Schloß Georgshausen so schnell nicht vergessen: An diesem Tag nahm das Unwetter „Bernd“ seinen Anfang. Die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal forderte 184 Tote allein in Deutschland. Die wirtschaftlichen Schäden sind bis heute nicht abzusehen. Aus Sicht der Versicherungen ist laut Robert Paas, Versicherungsspezialist, ein Gesamtschaden von 33 Milliarden Euro aufgelaufen. Die Golfanlage Schloß Georgshausen wurde in weiten Teilen überflutet, vor allem die Wege und die Bunker durch die Wassermassen stark beschädigt.
Überschwemmungen auf Golfanlagen häufen sich
Schloß Georgshausen war kein Einzelfall: Mindestens vier Golfanlagen waren „sehr stark betroffen“, weitere acht bis zehn gelten als „stark betroffen“. Wer international auf das Thema Unwetterschäden blickt, stellt fest: Golfanlagen, die mit extremen Überschwemmungen kämpfen, gibt es jedes Jahr. Im australischen Sydney zum Beispiel wurden einige Golfplätze 2022 im dritten Jahr in Folge überschwemmt. Auf der italienischen Insel Sizilien wurde einer der beiden Golfplätze des Verdura Resorts 2018 in weiten Teilen zerstört und musste neu aufgebaut werden. England hat in den vergangenen Jahren immer wieder mit heftigen Überflutungen gekämpft.
Langzeitschäden für den Golfplatz
Die Schäden gehen dabei durchaus in die Millionenhöhe und werden von Laien leicht unterschätzt. Thomas Himmel, Golfplatzdesigner, beschreibt die möglichen Folgen so: „Dreck, Abfall und Steine von Wegen können die Drainagerohre verunreinigen. Jeder Stein, der in der Grasnarbe stecken bleibt, kann in der Folge Mähmaschinen beschädigen. Wenn Ventile und Regnerköpfe verschlammt und zugeschüttet sind, müssen diese einzeln gesäubert werden. Bunker müssen in der Regel komplett erneuert werden, weil die Drainagen nicht mehr funktionieren und der Sand vermischt wurde. Und dann ist natürlich der Schlamm auf dem Gras. Dieser muss sehr penibel abgeführt werden, weil Schlammablagerungen längerfristig die Oberflächenentwässerung verhindern können. Außerdem erstickt das Gras, wenn die Überschwemmung zu lang anhält oder der Schlamm nicht schnell abgetragen wird.“
Golfplatz-Besonderheiten sind bei Versicherung wichtig
Massive Platzarbeiten erhöhen die Schadenssumme also über die reinen Überschwemmungsschäden hinaus, die sofort sichtbar sind. Langzeitschäden sind oft die Folge. Für Robert Paas hat die Abwicklung der Schäden im vergangenen Jahr in Deutschland zu der ernüchternden Erkenntnis geführt, dass „mindestens 50 Prozent der betroffenen Anlagen nicht richtig versichert waren.“ Er macht auch auf die Tücken des Versicherungswesens aufmerksam: „Wir hatten Schadenszahlungen, die waren in kürzester Zeit erledigt. Wir haben aber auch bei einem neuen Kunden, dessen Police wir übernehmen mussten, derzeit immer noch eine offene Schadenakte, was leider am mangelnden Verständnis des Versicherers liegt.“
Entwicklung von Resilienz
Ein Jahr nach der Flutkatastrophe Bernd ist klar, dass Überschwemmungen auch auf Golfplätzen aufgrund des Klimawandels immer häufiger auftreten werden. Für die Betreiber von Golfanlagen besteht die Herausforderung darin, zum einen die Abwehrkräfte von Platz und Gebäuden gegen mögliche Überschwemmungen deutlich zu erhöhen, andererseits aber auch ihre Versicherungen zu überprüfen. „Renaturierte Bäche, Überschwemmungszonen, die Verlagerung von Bunkern, deutliche Verbesserung der Drainage und das Höherlegen zum Beispiel von Grüns sind typische Maßnahmen, mit denen man Starkregenfälle abfedern und die Schäden deutlich verringern kann“, resümiert Golfplatzarchitekt Thomas Himmel. „Grundsätzlich darf man die Wucht von Wasser nicht unterschätzen. Aus Rinnsalen auf Wegen und kleinen Bächen werden schnell Sturzfluten, die starke Schäden anrichten.“
„Auf keinen Fall sollten wir die Herausforderungen in diesem Bereich unterschätzen“, erklärt auch Robert Paas. Drei der verheerendsten Naturkatastrophen aus Sicht der Versicherungswirtschaft in Deutschenland fanden innerhalb der vergangenen zehn Jahre statt. Neben der Sturzflut Bernd waren es der Hagel „Andreas“ 2012 und das Juni-Hochwasser 2013.
Flächenversiegelung und schlechte Bauausführung
„Im Jahr 1992 betrug die Gesamtfläche für Siedlung und Verkehr in Deutschland 40.335 Quadratkilometer, 2019 waren es bereits 51.682 Quadratkilometer“, weist Robert Paas auf das Problem der zunehmenden Flächenversiegelung hin. Damit ist die Fläche für Siedlung und Verkehr in den letzten 28 Jahren um 28,3 Prozent gestiegen.“ Bei Starkregenfällen gibt es immer weniger Flächen, die Wasser aufnehmen können.
„Hinzu kommt, dass wir auf Golfanlagen immer wieder bauliche Veränderungen vorfinden, die nicht durch eine Fachfirma ausgeführt wurden. Vielleicht, weil ein Vorstand gerne etwas verändern wollte. Über die Haftungsfrage, die aufkommt, wenn eine Baumaßnahme nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde, denkt aber keiner wirklich nach.“ Das, so Paas, beginne schon beim unfachgemäßen Bau von Bunkern. „Wer nicht fachspezifisch baut, hat später ein ernsthaftes Versicherungsproblem. Dann muss die Versicherung nämlich nicht zahlen.“
Starkwettertage nehmen zu
Besser werden die Zeiten im Hinblick auf Unwetterschäden nicht. Eine Studie der Deutschen Bahn, die beim Potsdam Institut für Klimafolgenforschung in Auftrag gegeben wurde, ergab 2021 als Prognose bis zum Jahr 2060 im Schnitt eine Zunahme der Starkregentage mit mindestens 20 Millimeter Niederschlag pro Tag um 3,3 Tage. Am stärksten betroffen ist dabei der Süden Deutschlands, wo in der Spitze demnach bis zu 11,7 Tage erreicht werden.
Diese Zahlen, die auf den ersten Blick sehr theoretisch wirken, sollten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Extremwetterlagen unberechenbar sind. „Bereits kleine Änderungen von mittleren Klimagrößen können jenseits von Schwellwerten zu vermehrten und stärkeren Extremwetterereignissen führen“, stellt das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung fest.
Ein Jahrhunderthochwasser kann auch übermorgen kommen
In Australien, wo man anders als in Deutschland seit drei Jahren mit solchen Extremüberschwemmungen kämpft, sind Klimawissenschaftler inzwischen so weit, dass sie die Menschen darauf hinweisen, dass der Begriff des „Jahrtausend- oder Jahrhunderthochwassers“ auf keinen Fall wörtlich genommen werden soll. Bei einem veränderten Klima erhöhe sich auch die Wahrscheinlichkeit dieser Events, resümiert Dr. Andrew King von der Universität in Melbourne. Praktisch formuliert bedeutet das: Die Tatsache, dass die Golfanlage 2021 einen Überschwemmungsschaden hatte, schützt nicht die nächsten 99 Jahre vor der nächsten Überflutung.
Gefahr Überschwemmung – die wichtigsten Tipps
Vorbeugende Maßnahmen auf dem Golfplatz: Eine Risikoabschätzung auf dem Platz und Erfahrungen aus bisherigen Starkwetterereignissen führen zur Veränderung von Bachläufen, Bunkerpositionen, Wegeverläufen. Überschwemmungszonen und Bachrenaturierungen sowie umfassende Drainagesysteme sollten bedacht werden.
Versicherung überprüfen: Stellen Sie fest, inwieweit Ihre Golfanlage überhaupt für Extremwetterfälle abgesichert ist. Wesentlich ist hier die Berücksichtigung von golfspezifischen Punkten wie keine Summenbegrenzung pro Hektar, Berücksichtigung von Elementarschäden sowie die Aussage, dass auf „erstes Risiko mitversichert“ wird, was quasi den Fall der Unterversicherung ausschließt.
Was kostet die Versicherung einer 18-Löcher-Anlage? Pauschal lässt sich dies nicht festhalten. Generell kann man aber sagen, dass man mit rund 3.500 Euro pro Jahr bei einer Golfanlage rechnen muss. Nachdem die Anzahl der Unwetter und Stürme aber zunimmt, kann man davon ausgehen, dass sich auch die Beträge für die Versicherungspolicen erhöhen werden.
Inwieweit sind Greenfeeausfälle sowie die Schließung der Anlage versichert? Greenfeeausfälle sind mitversichert.
Überschwemmung abmildern: Stecksysteme für kurzfristig aufbaubaren Überschwemmungsschutz sind inzwischen auf dem Markt erhältlich. Robert Paas empfiehlt solche Systeme für Golfanlagen, die häufiger mit Überschwemmungen zu tun haben. Außerdem sollte die Anlage über einen Aktionsplan verfügen, der im Überschwemmungsplan eintritt und regelt, welche Maßnahmen von welchen Personen ergriffen werden müssen.
Überschwemmung dokumentieren: Wesentlich sind umfassende Fotoserien, die möglichst alle betroffenen Teile abdecken. Nachdem Gutachter bei größeren Überschwemmungen nicht sofort verfügbar sind, machen auch Videos mit Hilfe von Drohnenüberflügen Sinn. „Pläne der Anlage, des Wegesystems und eine gut aufgearbeitete Dokumentation sind bei der Abwicklung eines Schadens sehr hilfreich“, stellt Paas fest. „Ohne eine Dokumentation ist eine Anspruchstellung gegenüber der Versicherung sehr schwierig.“