Swiss Golf: „Wir zwingen nicht, wir überzeugen“
„Wir zwingen nicht – wir überzeugen“. Mit diesem Kernsatz verfolgt Swiss Golf seine Nachhaltigkeitsstrategie Golf Course 2030 Switzerland, die zu den ambitioniertesten in Europa gehört. Bereits im Oktober 2020 veröffentlicht, formulierte die Strategie Ziele in verschiedenen Bereichen. Biodiversität, Pflanzenschutzmittel, Wasser und Energie stehen seitdem im Mittelpunkt des Programms.
Erste Bilanz nach vier Jahren
Vier Jahre danach kann Swiss Golf eine erste Bilanz ziehen. Was ist aus den ambitionierten Zielen geworden? Wie reagieren andere Verbände, die Behörden auf die Projekte von Swiss Golf? Und wie überzeugt man all‘ jene Golfanlagen von der Nachhaltigkeitsstrategie, die nicht zu den finanzkräftigen, motivierten sogenannten Early Adoptern gehören, wie man sie in der Projektsprache gerne nennt.
„45 von 98 Golfanlagen, deren Clubs Mitglieder bei Swiss Golf Mitglieder sind, sind inzwischen GEO zertifiziert “, resümiert Alicia Moulin, für den Bereich Nachhaltigkeit bei Swiss Golf und inzwischen auch bei der European Golf Association zuständig, als wir sie in der Nähe von Lausanne auf der Golfanlage Domaine de Brésil treffen. Swiss Golf entschied sich für die Partnerschaft mit dem schottischen Dienstleister und seine Zertifizierung und hat die Zertifizierung aller Golfanlagen als Ziel ausgegeben. Finanzielle Gegenargumente schwächt Swiss Golf durch eine starke Unterstützung ab. Die erste GEO Zertifizierung untersützt Swiss Golf mit 2500 Franken, wobei die Organisation ASGI, eine Vereinigung clubfreier Golfer, dabei 500 Franken übernimmt.
Das Problem sind für die Clubs also nicht die Finanzen. Das wird in Domaine de Brésil schnell klar. Schwierig macht ein verstärktes Engagement im Thema Umweltschutz eher die Verfügbarkeit von Zeit und Personal. Domaine du Brésil ist eine kleine Anlage mit 9 Löchern, 2004 auf ehemals landwirtschaftlichem Gelände ohne Golfplatzarchitekt mit viel Eigenleistung gebaut. Das Gelände ist hübsch aber nicht einfach mit seinen vielen hängenden Bereichen. Greenkeeper Kevin Ravier arbeitet hier mit einem kleinen Team. Mehr gibt das Budget nicht her. Er ist motiviert, legt Extensivflächen an, kümmert sich um die Neuanpflanzungen. „Aber wir können keine großen Extraarbeiten machen.“
Im November 2022 war die Zertifizierung geschafft. „Die Daten waren ein Problem, wir haben bei Null angefangen“, erklärt er den Prozess. Inzwischen hat Swiss Golf auch einen Werkstudenten eingestellt, der sich nun darum kümmert, die letzte Hemmschwelle bei der Teilnahme an GEO abzubauen. „Er gibt die Daten mit den Clubangestellten zusammen ein und stellt sie zusammen, resümiert Moulin, die erkannt hat, dass nur so das Verbandsziel der 100prozentigen Zertifizierung aller Golfclubs erreichbar ist. Es ist ein mühseliges Prozedere, aber bei Swiss Golf hat man beschlossen, sich die Mühe zu machen.
Kevin Ravier in Domaine de Brésil blickt auf seine Grünflächen. Es sind einfach gebaute Grüns ohne guten Aufbau, was die Drainage und den Umgang mit Rasenkrankheiten nicht einfacher macht. Er arbeitet an der Umstellung des Greenkeepings, weg von der Nutzung der Pflanzenschutzmitteln. Auch hier gibt laut Moulin ein ambitioniertes Verbandsziel: „Wir begleiten unsere Mitglieder, um in der Lage zu sein 2030 100 Prozent der Flächen synthetisch pestizidfrei zu bewirtschaften.“.
Auch dieses Ziel hat Swiss Golf bereits 2020 formuliert. „Der Level der Gesetzgebung in diesem Bereich ist ohnehin schon sehr hoch“, erklärt Moulin. „Trotzdem geht es uns darum, dass wir das Bewusstsein vermitteln, dass die Clubs etwas machen müssen, weil die Gesetzgebung und neue Regularien das in Zukunft erfordern.“ Dabei hat Swiss Golf weder die Möglichkeiten noch die Absicht, vor Ort den Pestizideinsatz zu kontrollieren. „Unsere Rolle ist es, Risiken zu identifizieren und ihnen entgegenzuwirken“, macht Moulin klar.
Investitieren in Forschung und Lehre
Die Überzeugungsarbeit bei den Greenkeepern und den Entscheidungsträgern in den Clubs läuft deshalb auf einer anderen Ebene. „Wir vermitteln Wissen und investieren in die Forschung.“ Swiss Golf ist derzeit an einem Forschungsprojekt mit der Wallonie, teilfinanziert durch R&A beteiligt, das sich in den zwei Ländern mit der Graskrankheit Dollarspot auseinandersetzt und veranstaltet jährlich zusammen mit dem Schweizer Greenkeeperverband und dem Manager Verband zwei Workshops, die sich intensiv mit Spezialthemen auseinandersetzen.
Schweizer Mittelwert für Biodiversität
Erste größere Erfolgsmeldungen hat der Verband im Bereich Biodiversität zu melden: Zusammen mit der Vogelwarte Sempach, ein international anerkanntes Forschungsinstitut, wurden mit Hilfe von Orthofotos die Lebensräume auf Golfanlagen evaluiert. Auch hierfür wurden zwei Praktikanten bei Swiss Golf abgestellt, die bei der Entwicklung und Testphase der Methodik unterstützt haben. Am Ende des Projektes steht ein Schweizer Mittelwert für Biodiversität, der als Vergleichspunkt von all‘ jenen Golfanlagen anvisiert werden kann, die sich beim Thema Artenvielfalt noch steigern können und wollen. „Darauf sind wir schon recht stolz“, sagt Moulin. „Wir sind meines Wissens die ersten in der Golfbranche, die eine Benchmark für Biodiversität liefern.“
Daten sind die Grundlage des Erfolges der Nachhaltigkeitsstrategie von Swiss Golf. „Wir müssen wissen, wo wir stehen“, sagt Moulin mehrmals. Das gilt nicht nur für Pflanzenschutzmittel und Biodiversität, sondern eben auch für den Wasserverbrauch und die Verwendung von Energie. Zusammen mit dem Schweizer Bundesamt für Energie unterstützt Swiss Golf nun die Kosten für ein externes Energie-Audit, das eigentlich mit 5400 Franken zu Buche schlägt. Ein Drittel der Clubs nimmt das Angebot bis dato wahr.
„Wir machen viel“, resümiert Moulin. Sie weiß: „Um die Realisierung der ehrgeizigen Nachhaltigkeitsziele möglich zu machen“, muss Swiss Golf als Geldgeber und Unterstützer beim Thema Personal und Umsetzung aktiv sein. Ansonsten bleibt die Erfolgskurve nach einem schnellen Anstieg zu Beginn im Mittelfeld hängen. Finanzielle Probleme, uninteressierte Entscheidungsträger, Konflikte mit Behörden oder der Mitgliedschaft – es gibt zig Gründe, sich gegen eine Einbindung in die GEO Zertifizierung oder die „Golf Course 2030 Switzerland“ Strategie zu entscheiden, hat die Nachhaltigkeitsmanagerin längst erkannt. „Ohne Unterstützung geht es nicht“, lautet die Bilanz nach vier Jahren. Unterstützung bedeutet dabei eben nicht nur Geld, sondern vor allem auch die Beschäftigung von Personal mit Expertise plus die ständige Präsenz auf Golfanlagen.
An diesem Tag steht Moulin vor einem winzigen Teich in Domaine de Br´esil, hübsch angelegt und auch bereits an den Säumen gut begrünt. Aber die Breite des Saums reicht ihr noch nicht. „Drei Meter wären optimal“ erklärt sie Ravier und versucht ihn an gleicher Stelle auch noch für das Biodiversitätsprojekt zu gewinnen. Ihre Erfolgschancen sind hoch: Während eine Email schnell ungelesen im Papiereimer landet, ist der persönliche Kontakt eben gewinnend. Das Motto „Wir zwingen nicht – wir überzeugen“, wird Realität. Und die Nachhaltigkeitsstrategie von Swiss Golf hat wieder ein wenig mehr Land gewonnen.