Strandberg: „Das Schlüsselthema sind nachhaltige Pflege-Strategien“
Maria Strandberg, Direktorin für Forschung und Entwicklung bei STERF (Scandinavian Turfgrass and Environment Research Foundation), kennt die Folgen des Klimawandels im Golfsport von Überschwemmungen bis extremer Hitze. Sie ist eine der Verantwortlichen für die Gründung der gemeinsamen Forschungsinitiative von STERF, USGA und R&A, die nun verstärkt Forschungsprojekte rund um das Thema Gras im Golf freigeben wird. Im Interview mit Petra Himmel erklärt die Rasenexpertin, inwieweit der Golfsport die Folgen des Klimawandels in den Griff bekommen kann.
Warum haben die drei Organisationen, STERF, R&A und USGA, beschlossen, jetzt gemeinsam eine Forschungsinitiative zu gründen?
Strandberg: Den Anfang machte die internationale Rasenforschungskonferenz, die 2022 in Kopenhagen stattfand. Es gab viele Diskussionen zwischen Forschern, Praktikern und der Industrie, und ich glaube, wir haben irgendwie erkannt, dass wir so viele wichtige, schwierige Herausforderungen haben. Wir müssen international zusammenarbeiten. Das ist der Schlüsselpunkt bei der Bewältigung der ganzen Herausforderungen. Daher ist die Internationale Rasenforschungsinitiative ein wichtiges Vermächtnis der Konferenz.
Die Golfindustrie erwartet schnelle Antworten auf ihre Probleme, insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel: Wie viel Geduld braucht sie, wenn sie wissenschaftliche Grundlagenforschung erwartet?
Strandberg: Jede Forschung braucht Zeit, um zu glaubwürdigen Ergebnissen zu kommen, und sie ist auch teuer. Und dann gibt es natürlich Unterschiede zwischen den verschiedenen Forschungsprojekten. Bei manchen Projekten kann man innerhalb von drei Jahren glaubwürdige und gute Ergebnisse erzielen, bei anderen dauert es sechs Jahre oder noch länger. Forschung ist teuer, und meine Erfahrungen mit der Zusammenarbeit der nordischen Länder im Rahmen von STERF zeigen, dass wir durch die gemeinsame Finanzierung für jeden investierten Euro viel mehr Forschung erhalten.
Wir sehen die Folgen des Klimawandels jetzt, und die Veränderungen kommen schnell. Können wir mit dem Klimawandel noch mithalten?
Strandberg: Ich denke, wir können in vielen Bereichen mithalten. Wir können der Golf- und Rasenindustrie helfen, neue Pflegestrategien zu finden, die den klimatischen Veränderungen gerecht werden. In den nordischen Ländern gibt es zum Beispiel diese neue Art von Winterschäden, die durch Schmelzwasser und Eis statt durch niedrige Temperaturen verursacht werden. Auf der Grundlage von Forschung und Wissenschaft sind wir meines Erachtens recht gut in der Lage, den Golfsektor auf diese neue Art von Winterschäden vorzubereiten. Aber es wird mit Sicherheit Gebiete geben, die aufgrund der Umweltauswirkungen, des hohen Einsatzes natürlicher Ressourcen und der Kosten nicht für Golf und Rasen geeignet sind.
Ist es möglich, Gras bei 50 Grad Celsius am Leben zu erhalten, oder ist es einfach zu heiß?
Strandberg: Es ist vielleicht möglich, Gras bei 50 oder 45 Grad zu halten, aber es wird keineswegs nachhaltig sein. Und das ist meiner Meinung nach der Schlüssel zum Management oder zur Pflege von Rasenflächen. Man muss eine nachhaltige Perspektive haben, sonst sollten wir keinen Rasen auf diesen Flächen haben. Der Schlüssel liegt in nachhaltigen Pflegestrategien. Wenn diese nicht gewährleistet werden können, sollten in diesen Regionen keine Rasensportanlagen mehr gebaut werden.
Mit der USGA, dem R&A und STERF kommen hier Organisationen zusammen, die innerhalb ihrer Grenzen zum Teil extrem unterschiedliche Regelungen haben, wenn wir zum Beispiel an die strengen Pestizidvorschriften in Skandinavien und Frankreich denken und die deutlich weicheren Gesetze in Kanada, den USA und England. Inwieweit wirkt sich das auf den Forschungsbedarf aus?
Strandberg: Wir haben uns darauf geeinigt, dass das integrierte Schädlings- und Rasenmanagement unabhängig von der Gesetzgebung für die Rasenbewirtschaftung auf der ganzen Welt von entscheidender Bedeutung ist, da es nachhaltige Praktiken aufzeigt, weil es den Einsatz von Pestiziden minimiert, das Gleichgewicht der Ökosysteme erhält und die Umweltbelastung reduziert. Die Forschung in dieser Kategorie kann verschiedene Bekämpfungsmethoden bewerten oder integrieren, einschließlich kultureller, biologischer und chemischer Ansätze. Dabei gilt das Ziel, die Widerstandsfähigkeit gegen Schädlinge zu verbessern und gleichzeitig kosteneffiziente Managementstrategien zu optimieren. Die Forschungsthemen sollten an verschiedene Klimazonen und gesetzliche Rahmenbedingungen angepasst werden können, um eine umweltverträgliche Pflege von Rasenflächen weltweit zu fördern.
Gleichzeitig entwickeln sich die Märkte sehr unterschiedlich, und Asien mit seinen vielen Regionen für Gräser der warmen Jahreszeit verzeichnet ein massives Wachstum. Wird die Forschungsinitiative der Größe der jeweiligen Märkte Rechnung tragen?
Strandberg: Alle Projekte müssen einen internationalen Ansatz haben. Forschungsprojekte sollten so konzipiert sein, dass sie die Forschungsprioritäten in internationaler Zusammenarbeit voranbringen. Die Vorschläge werden nach ihrer multinationalen Reichweite bewertet. Asien ist ein wachsender und teilweise neuer Markt, und wir denken, dass dies der richtige Zeitpunkt ist, um Nachhaltigkeitsaspekte in die Entwicklung von Golfplätzen und Rasenflächen zu integrieren.
Die Initiative betrifft die vier Bereiche integrierter Pflanzenschutz, Wasserschutz, biologische Vielfalt und Landschaftsperspektive sowie Klima. In welchem Bereich gibt es bereits die meisten Forschungsergebnisse?
Strandberg: Wir haben viele Jahre lang viel in die Forschung im Bereich der integrierten Rasenbewirtschaftung und des integrierten Pflanzenschutzes investiert, aber neue Umstände erfordern ständig neue Erkenntnisse. Es gibt einige Erkenntnisse zur Wassereinsparung, die wir zum Beispiel aus der Landwirtschaft und anderen Sektoren nutzen können, aber im Bereich des Rasens brauchen wir mit Sicherheit noch viel mehr Forschung. Wir haben viele Studien zur Artenvielfalt auf den Golfplätzen, aber was die Verbindung mit der umgebenden Landschaft angeht, wissen wir nicht sehr viel. Und um die volle Wirkung der biologischen Vielfalt auf dem Golfplatz zu erreichen, ist die Landschaftsperspektive sehr wichtig. Wir müssen untersuchen, wie Golfplatzdesign und -management vollständig in die umgebende Landschaft integriert werden sollten. Und dann das Klima und die Kohlenstoffbilanz – das ist als Thema so groß und schwierig, und es gibt so viel, was wir noch nicht wissen.