250.000 Zuschauer, 156 Spieler plus ihre Teams, unzählige Fernseh- und Medien-Crews, sowie Zulieferer rollen dieser Tage im nordirischen Royal Portrush GC zu The Open an. All‘ das gehört dazu, wenn man ein Major-Turnier veranstaltet. Sport-Events sind Mega-Events. Dass ihr CO₂-Fußabdruck groß ist, schon aufgrund der Anreise von Fans, Athleten und Betreuern, ist bekannt. Das unterscheidet sie nicht von Musik-Festivals, großen Konferenzen oder generell anderen Groß-Veranstaltungen.
Wer genau wissen will, wie groß der CO₂-Fußabdruck von Sportveranstaltungen ist, muss allerdings lange nach Zahlen und Fakten suchen. Ein konkretes Reporting von CO₂-Emissionen gibt es nämlich kaum, womit sich der Golfsport nicht von der großen Mehrheit an anderen Sportarten unterscheidet. Mit Leuchtturmprojekten, zum Beispiel dem Sustainability Report der International Biathlon Union aus dem Jahr 2024 oder dem jährlichen Bericht des Tennisturniers von Wimbledon liegen allerdings positive Beispiele vor, an denen sich auch Golfveranstaltungen messen können. 9702 t CO₂ erzeugte das Grand-Slam-Turnier von Wimbledon im Zeitraum 2022/2023.
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News & Trends rund um das Thema Nachhaltigkeit im Golfsport
Bislang fehlte dem internationalen Sport eine einheitliche Methode zur Erfassung seiner Klimaauswirkungen. Mit einem neuen Praxisleitfaden, den Dr. Susie Thomson, Senior Partner bei der Beratungsfirma Think Beyond, zusammen mit ihrem Kollegen Dr. Sam Paine entwickelt hat, ändert sich das nun: 35 Organisationen – darunter World Athletics, der FC Liverpool und LIV Golf – nutzen bereits das neue System, das sämtliche Emissionen erfasst, von Fanreisen bis zum Verkauf von Merchandise-Artikeln.
Der Leitfaden orientiert sich an etablierten Klimastandards wie dem Greenhouse Gas Protocol, der UN-Initiative Sports for Climate Action sowie der Science Based Targets-Initiative. Gleichzeitig wurde das komplexe Fachvokabular in eine sportgerechte, praxisnahe Sprache übersetzt. „Uns war wichtig, die Methoden an die Sportwelt anzupassen – ohne von internationalen Standards abzuweichen“, erklärt Tomson.
Sobald Vereine ihre Daten eingegeben haben, liefert ein Dashboard eine detaillierte Übersicht über die Emissionen nach Kategorien. Zudem lassen sich unterschiedliche Veranstaltungen innerhalb einer Saison vergleichen und Entwicklungen über mehrere Jahre hinweg nachverfolgen.
Der Leitfaden ist Teil eines umfassenderen Branchenziels: Zahlreiche Sportorganisationen haben sich verpflichtet, ihre Emissionen bis 2030 zu halbieren und bis 2040 klimaneutral zu werden – im Einklang mit dem UN-Rahmenprogramm. Jetzt geht es darum, die Sportorganisationen und Veranstalter zur Nutzung eines einheitlichen Rechners und der Veröffentlichung von Daten zu bewegen. Keine einfache Aufgabe, wie Thomson weiß: „Es geht darum, allen klarzumachen, dass dies eine Chance ist etwas Positives zu bewegen. Mit Hilfe des Kalkulators versuchen wir, den Glauben daran zu vermitteln, dass man hier das Richtige tut und die Aufgabe annimmt.“
Während der R&A bis dato von einer Veröffentlichung von Daten oder eines Impact-Reportes zur Open oder seinen anderen Turnieren absieht , hat LIV Golf 2024 2024 einen Bericht vorgelegt. Nach Aussagen von Senior Vice President Impact und Sustainability Jake Jones, war dabei auch der Vergleich mit anderen Sportorganisationen ein wichtiges Argument für die Kooperation mit Think Beyond. „Das war essenziell, weil ein Golf-Turnier in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich zu anderen Veranstaltungen ist, wenn man darüber nachdenkt, was alles gemessen wird.“
Den Faktor Mobilität der Zuschauer lässt der Think-Beyond Rechner dabei ausdrücklich außen vor, was angesichts der Tatsache, dass dieses Segment zu den freiwillig anzurechnenden Scope 3-Emissionen zählt, kein Problem ist.
Den Verantwortlichen und Spielern bei LIV Golf hat das Erstellen des Reporting mehr Übersicht beim Thema CO₂-Emissionen verschafft: Über ein Impact Leaderboard, das neben den CO₂-Emissionen auch die Wirkung der Events auf die Gesellschaft verdeutlicht, gelingt es laut Jones „den Teams klar zu machen, dass ein Verständnis des Nachhaltigkeits-Indikators für sie ebenso relevant ist wie die Messung der Umwelteinflüsse.“
Mit der Messung hat LIV Golf auch sogenannte Hotspots definiert, die nun bei den Turnieren verbessert werden. Jones nennt hier das Reiseverhalten der Fans, die Lieferketten insgesamt, das geschäftliche Reiseaufkommen, der Energie-Verbrauch des Events und das Catering.
Sollten in Zukunft mehr Veranstalter und mehr Sport-Organisationen dazu übergehen, ihren Einfluss auf die Umwelt tatsächlich in Daten darzulegen, ist eine Vergleichbarkeit wichtig. Auch hier appellieren die Experten von Think Beyond an die Verantwortlichen: „Wenn man nicht die richtigen Positionen eingibt, kommt natürlich auch nicht die richtige Zahl hinten heraus“, resüsmiert Thomson. „Hoffen wir mal, dass alle das Gleiche tun.“
Für den Golfsport und Golf-Events bedeutet das auch: Der vorliegende Sport-Rechner misst nur tatsächliche CO₂-Emissionen und verrechnet diese nicht mit Pflanzungen, Gräsern oder Wasserflächen. Das mag dem einen oder anderen Vertreter des Golfsports nicht behagen, weil gerade die großen Grünflächen im Golfsport immer als ein großes Plus des Sports gelten. Andererseits bedeutet der Verzicht auf deren Einrechnung auch, dass man sich im Hinblick auf die eigenen Emissionen ehrlich macht. Am Ende nämlich ist angesichts des UN-Rahmenprogramms die Aufgabe ganz klar: Die CO₂-Emissionen müssen gesenkt werden. Deren Berechnung ist der erste Schritt zum Erfolg.