Pflicht statt Kür: E-Ladesäulen im Golfclub
Ist eine E-Ladesäule auf der Golfanlage ein Muß – ja oder nein? Je stärker der Trend zur Elektrifizierung der PKWs ist, desto lauter wird die Diskussion darüber, ob die E-Ladesäule neben dem Clubhaus Standard sein sollte. Schließlich kann man – so eines der Hauptargumente der Gegner dieser Lösung – sein Auto ja im Golfclub auch nicht mit Diesel oder Benzin betanken. Wer sich als Golfer für ein E-Auto entscheide, müsse sich selbst um dessen Betankung kümmern – nicht der Golfclub.
Der Golfer selbst und so mancher Golfclubs sieht das offenbar anders: Die Golf Management Group in England stellte im Rahmen einer Umfrage 2021 bei englischen Golfclubs fest, dass 87 Prozent der Anlagen innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten die Installation von E-Ladesäulen plante. Bei einer Studie von Golf Sustainable und der Universität der Bundeswehr München im Sommer 2022 bejahten 26,30 Prozent der Golfer die Aussage „Ich erwarte an der Golfanlage eine E-Tankstelle.“ Und das, obwohl nur 14,26 Prozent der Befragten tatsächlich ein E-Auto fuhren.
„In unserem Nachhaltigkeits-Plan befürworten wir bei Golfanlagen die Installation von E-Ladesäulen“, resümiert auch Emma Huggins, Nachhaltigkeits-Managerin bei England Golf. Europas größter Golfverband hält das Thema Elektrifizierung generell für wichtig, weil dieses wiederum einen wesentlichen Einfluss auf den CO2-Fußabdruck von Golfanlagen hat.
Bei der Installation von E-Ladesäulen geht es nämlich zwar einerseits um ein Dienstleistungsangebot für den Golfer – wer weiter in die Zukunft denkt, endet aber bei der Frage, wie der Golfsport sein Mobilitätsproblem löst. Während die CO₂-Bilanzierung von Golf-Profiturnieren in den vergangenen Jahren klargemacht hat, dass der Faktor Fan- und Spieler-Transport mit Abstand der größte Treiber in der CO₂-Bilanz ist, steckt das Thema CO₂-Bilanzierung des Clubgolfs noch in den Kinderschuhen. Erste Untersuchungen zeigen aber auch hier, dass die An- und Abfahrt der Golfer mit einem klassischen PKW, der mit fossilen Brennstoffen fährt, schnell die Bilanz verhagelt.
E-Autos verbessern CO₂-Bilanz der Clubs
Swiss Golf ließ 2021 eine Ökobilanzierung und Ökoeffizienzananlyse erstellen, die sechs Golfanlagen umfasste, die allesamt durch GEO zertifiziert waren. Dabei wurde ersichtlich, „dass im Bereich Mobilität vor allem die An- und Abreise der Golfer/innen (je 15 km hin und zurück)“ den größten Part ausmachte. Der deutsche Golfclub Neuhof, eine 27-Löcher-Anlage im Großraum Frankfurt, publizierte Anfang 2021 seinen Corporate Carbon Footprint für das Jahr 2020. Hier wurden die Fahrtwege der Mitglieder zur Nutzung der Golfanlage als zweitgrößte Emissionsquelle identifiziert. 18,7 Prozent, insgesamt 76,9 t CO₂, fielen auf diesen Bereich. Je höher der Anteil der Mitglieder ist, die mit einem E-Auto anfahren und dies im Idealfall mit grünem Strom betanken, desto positiver für die CO₂-Bilanz.
Tatsächlich gibt es inzwischen einige Aktionen, die zur besseren Ausstattung von Golfanlagen mit E-Ladesäulen führen sollen. Scottish Golf startete 2019 zusammen mit Forev, einem Anbieter von E-Ladesäulen, die Installation von mehr als 1000 Ladesäulen bei den angeschlossenen knapp 600 Golfclubs. Die sollte nicht nur für Golfer, sondern generell für die Bevölkerung den Zugang zu Ladesäulen erleichtern. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden die 1000 Ladesäulen bis dato aber nicht komplett installiert. Bei England Golf fließen pro installierter Tanksäule 50 Pfund in England Golf Junior Golf Programm.
E-Tankstellen werden Standard
In Deutschland, wo der Anteil der E-Fahrzeuge an Neuzulassungen allein im dritten Quartal 2022 bei 11,9 Prozent lag, sind E-Tankstellen bei zahlreichen Golfanlagen inzwischen Standard. Die Vereinigung der Leading Golf Clubs of Germany, zu der 38 der führenden Golfanlagen in Deutschland zählen, fragt den Anteil der E-Tankstellen regelmäßig ab. Inzwischen bieten mehr als 50 Prozent der Leading-Clubs E-Ladesäulen an, obwohl dies Investitionen im fünfstelligen Bereich erfordert.
„10.000 Euro pro Ladesäule muss man inklusive der kompletten Infrastruktur auf jeden Fall rechnen“, erklärt Wolfgang Michel, Geschäftsführer des GC München Eichenried, Schauplatz der BMW International Open, der inzwischen fünf Ladesäulen und eine Wallbox auf dem Parkplatz vorweist. Schließlich muss zuerst einmal eine ausreichend starke Stromversorgung her, um die Ladesäulen, die in der Regel 11 oder 22 kW liefern, funktionsfähig zu machen. Das Feedback auf die Ladesäulen ist demnach aber sehr positiv: „Die Tage an denen alle Ladesäulen besetzt sind, nehmen zu. Ich würde sagen, da geht es inzwischen ganz schön rund.“
Wie sich die Ausstattung von Golf-Anlagen europaweit mit den E-Ladesäulen entwickeln, bleibt abzuwarten. Schließlich ist schon bei der Zulassung von E-Fahrzeugen ein starkes Nord-Süd-Gefälle zum Beispiel innerhalb von Europa zu beobachten. Während Länder wie Norwegen einen sehr hohen E-Anteil haben, verzeichnete Italien zuletzt sogar rückläufige Zahlen.
Nachwievor lädt der überwiegende Teil aller E-Auto Fahrer seinen PKW zu Hause. Das ist für die meisten Nutzer am bequemsten und am preisgünstigsten. Die Sache ist nur: Für viele Golfer ist der Golfclub bekanntlich die zweite Heimat – gut möglich also, dass damit auch die E-Ladestation als selbstverständlich vorausgesetzt wird.