Kolumne: Nachhaltigkeit im Golfsport 2022 stärker im Fokus
Das Jahr 2022 beginnt für die Golfszene beim Thema Nachhaltigkeit unsanft: Die Zeitschrift Stern hat sich in ihrer Kolumne Ökobilanz – Dinge des Alltags im Nachhaltigkeits-Check Golfanlagen vorgeknöpft. Die Bilanz fällt eher negativ aus und enthält nur kleine Lichtblicke. Ohne an dieser Stelle darauf einzugehen, ob tatsächlich alle Punkte der Kolumne 100-prozentig richtig dargestellt sind, bleibt doch eine Erkenntnis:
Nachhaltigkeit gewinnt an Gewichtung
Das Thema Nachhaltigkeit wird 2022 im Golfsport nicht an Bedeutung verlieren, sondern auch aufgrund der veränderten politischen Vorgaben zum Beispiel in Deutschland an Gewichtung gewinnen. Und: Golfanlagen, die traditionell mit einem Image als Umweltsünder kämpfen, werden nachwievor kritisch beäugt werden, wenn es um ihre Bilanz in Sachen Nachhaltigkeit geht.
Ein Teil der Angriffspunkte wird dabei auch in der Kolumne des Stern angesprochen:
- Der Wasserverbrauch von Golfplätzen war 2021 schon auf den Golfanlagen selbst ein wichtiges Thema. Die Bedeutung dieses Punktes wächst, wenn man bedenkt, dass es durchaus noch Golfplätze gibt, die auf Trinkwasser zurückgreifen. Und: Die vom Stern kritisierte Menge von durchschnittlich 35.000 m² verwendetem Wasser pro Anlage ist derzeit tatsächlich ein Wert, bei dem so mancher 18-Löcher-Platz schon in die Bredouille gerät, wenn längere Trockenzeiten folgen. Die Frage, wie der Wasserverbrauch weiter gesenkt werden kann, welche Art von Wasser verwendet wird und wie man dem Golfer diese Tatsache vermittelt, bleibt ein Top-Thema.
- Das Auto ist ein wunder Punkt, wenn man die Nachhaltigkeitsdebatte um den Golfsport eröffnet. Es stimmt, dass nur wenige Golfanlagen gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind. Einmal ganz abgesehen davon, dass es relativ mühselig ist, ein Bag, einen Trolley ec. zuerst in die S-Bahn und dann womöglich noch in den Bus zu bugsieren. Wer mit Golfanlagen-Betreibern spricht, weiß aber auch, dass immer mehr Golfer alleine in einem Auto zur Anlage fahren, um flexibel zu sein. Die Parkplätze werden seit Jahren immer voller. Im Zuge einer zunehmenden CO²-Reduzierungs-Debatte ist dieser Sachbestand nicht besonders hilfreich – auch wenn eine schnelle Lösung nur schwer vorstellbar ist. Auf jeden Fall handelt es sich hier um eine breite Angriffsfläche, die der Golfsport zweifellos bietet.
- Ein heißes Eisen bleibt der Tourismus, selbst wenn das gerne ins Feld geführte Argument der Wasserverschwender im Golf in der Wüste Arizonas nicht sticht: Viele der Plätze in Wüstenstaaten dürfen ausschließlich Brauchwasser verwenden. Die Frage, ob Golfer überdurchschnittlich oft eine Flugreise antreten und den CO²-Ausstoß dann ausgleichen, dürfte in Zukunft aber häufiger gestellt werden. Die Umweltzertifizierung der Plätze, die besucht werden, ist dann ein Folge-Thema. Selbst klassische Tourismusregionen wie Tirol oder Kärnten haben hier ein Problem.
- Ähnlich kritisch dürfte ein Blick auf den internationalen Turniersport ausfallen: Rory McIlroy war 2021 der einzige Spitzengolfer, der die Frage des CO²-Ausgleichs seiner Turnierreisen überhaupt thematisiert hat. Turnierveranstalter diskutieren diese Frage nur in sehr wenigen Einzelfällen. Die großen Touren der LPGA, PGA Tour und European Tour halten sich bedeckt.
- Dazu passt auch die Tatsache, dass der Golfsport international bei der Initiative der United Nations „Sports for Climate Action on the Race to Zero“ faktisch nur mit einem einzigen Golfclub weltweit vertreten ist. Kein einziger Golfverband, keine einzige der großen Dachorganisationen hat bis dato ein Commitment zur CO²-Neutralität bis 2050 vorgelegt – anders übrigens als zum Beispiel die FIFA oder World Sailing, die zu den zahlreichen Sportarten und Sportverbänden gehören, die hinter der UN-Initiative stehen.
Schulterschluss mit der Umweltpolitik hilft
Egal ob in Deutschland, in Österreich oder auch in der Schweiz: Mit einer Zunahme der Bedeutung von „grünen“ Parteien in der Bundes-, Landes- und Regionalpolitik, wird der Blick auf den Umgang mit Ressourcen genauer werden. Dabei dürfte der eine oder andere Politiker auch erkennen, dass der Golfsport zum Beispiel bei der „Förderung der Biodiversität“ weit mehr leistet als so mancher Kritiker bisher glaubte. Kooperationen wie Lebensraum Golfplatz im Golfverband Baden-Württemberg oder Blühpakt Bayern im Bayerischen Golfverband, wo es zu einem Schulterschluss von Umweltministerien und Golfverbänden kommt, sind auf Dauer ein wesentlicher Schritt, um das Verständnis für den Golfsport zu fördern.
Im Licht der zunehmenden Aufmerksamkeit wird die Golfszene selbst an ihren Schwachpunkten arbeiten müssen. Die Maßstäbe, nach denen die Beurteilung ausfällt, werden schärfer. Um es einmal etwas lax auszudrücken: Ein paar aufgestellte Bienenstöcke werden auf Dauer nicht reichen. Zeit zum Zurücklehnen bleibt nicht.
Das Gute daran: So mancher Golfer, so mancher Club-Präsident und so mancher Offizielle hat das Thema Nachhaltigkeit in den vergangenen Jahren für sich entdeckt. 2022 ist das Jahr, um es der breiten Golfszene zu vermitteln.
Petra Himmel