Wie shoppen Golfer? Temu und die Rabattschlacht
Die Billigschlacht hat begonnen: 10,10 Euro für ein paar angeblich winddichte Handschuhe, maximal 15 Euro für einen Golfrock. Golfprodukte ohne Ende. Der chinesische Onlinehändler Temu wirbt – nicht nur vor dem Back Friday – mit „incredible deals“, Sales an jeder Ecke, Free Shipping. Wer wollte da nicht zuschlagen?
Ermittlungsverfahren der EU
Wie shoppt der Golfer? Diese Frage stellt sich angesichts der wachsenden Marktpräsenz von Temu, gegen das die Europäische Union vor kurzem ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat. Der Grund: Verdacht auf Verstöße gegen das Verbraucherschutzrecht. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, nicht ausreichend gegen den Verkauf illegaler oder gefährlicher Produkte vorzugehen und potenziell süchtig machende Designelemente anzuwenden. Man kennt die Funktion von Ticketplattformen, die dem Online-Besucher ebenfalls ständig vorgaukeln, in kürzester Zeit beim Kauf zuschlagen zu müssen, um überhaupt noch ein Ticket zu ergattern. In der EU kaufen rund 45 Millionen Personen auf der Plattform ein, deren Konkurrenz andere Online-Commerce-Dienste wie Amazon oder Shein sind.
Im Bereich der funktionalen Sportkleidung ist die Bedeutung von Temu nach Ansicht von Joanna Czutkowna, Spezialistin für nachhaltige Sportmode und Gründerin von 5Thread bis dato noch begrenzt: „Die Plattform ist eine billige Alternative für Golfer, die ab und zu mal spielen und nicht ambitioniert sind. Ihr Fokus richtet sich mehr auf günstige Preise als auf die Leistungsfähigkeit und Innovation der Sportbekleidung. Marken, die in Qualität und Funktionalität investieren, führen noch, so dass Temu noch kein großer Spieler ist.“
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News & Trends rund um das Thema Nachhaltigkeit im Golfsport
In Sachen Nachhaltigkeit stehen gleich mehrere Fragezeichen hinter der Qualität von Temu. Greenwashing ist hier allerdings nach Ansicht von Experten Verbraucherzentralen schon deshalb ein Thema, weil die Firma mit dem klimafreundlichen Transport an eine Abholstation wirbt, obwohl die Lieferungen ohnehin aus China kommen und die Klimabilanz der Lieferung ebenso wie des möglichen Rücktransports bei Umtausch schlecht ist. Auch die Schadstoffbehandlung der Produkte ist nicht geklärt, da keinerlei Umwelt- oder Nachhaltigkeitszertifikate bei der Bekleidung angewendet werden. Inwieweit zum Beispiel europäische Sicherheitsstandards berücksichtigt werden, ist nicht geklärt.
Mehr Transparenz bei Lieferketten
Superbillig oder nachhaltig? Intransparente Produktion und Lieferketten oder transparente Darstellung der Herkunft einer Ware? Fashion-Expertin Czutkowna hält den Eingriff der EU für wichtig: „Die von der EU vorgeschlagenen Verordnungen über Bekleidung und Textilien spiegeln die dringende Notwendigkeit wider, die ökologischen und ethischen Auswirkungen der Mode zu berücksichtigen. Für eine Plattform wie Temu, die auf dem Angebot preiswerter, trendorientierter Produkte beruht, könnten sich strengere Rechtsvorschriften erheblich auf ihr Betriebsmodell auswirken, insbesondere im Hinblick auf die Transparenz der Lieferkette und die Nachhaltigkeit der Produkte.“
Am Ende aber entscheiden die Verbraucher mit einem Klick über die Erfolgsquote einer Online-Plattform. Dabei ist das Online-Angebot an nachhaltigen Golfprodukten ohnehin spärlich. Als relevante Marken mit einem nachhaltigen Ansatz haben sich in den vergangenen Jahren vor allem Puma, Reflo, Calvin Green oder Glenmuir einen Namen gemacht. Im Bereich der Accessoires und Ausrüstung kämpfen kleine Marken wie Greenup Golf oder Tomorrow Golf um Marktanteile.
Im Segment der Verkäuferplattformen haben Großhändler wie Decathlon oder Golf House in Deutschland immerhin Hinweise zu nachhaltigen Produkten auf der Online-Plattform. Bei amerikanischen Händlern wie PGA Superstore oder The Golf Warehouse sucht man das Wort Nachhaltigkeit schon auf der Home vergeblich.
Wenig nachhaltige Produkte am Markt
Verkaufs-Spezialisten für nachhaltige Produkte tun sich ohnehin nicht leicht, Produkte zu finden, die ihrem Anspruch entsprechen. Die Britin Georgina Devane, Gründerin von GolfingGreen, die mit ihrer Plattform Mitte 2024 online ging, hat dies in mühseliger Detailarbeit festgestellt. „Am Ende ist es relativ schwer zu sagen, was die wirklich nachhaltigen Produkte gibt. Viele Produkte sind in manchen Bereichen nachhaltiger, in anderen weniger.“ Am Ende, so ihr Fazit, könne sie als Verkäufer nur darauf hinweisen. „Etwas nachhaltig ist auf jeden Fall besser als gar nicht“, lautet ihre Bilanz.
Pragmatismus, dem sich der Golfer auf der Suche nach einem nachhaltigen Produkt generell anschließen muss. Die Wahrscheinlichkeit, dass man in einem Golfshop im Club oder einem Sportkaufhaus nachhaltige Golfprodukte findet, ist im Moment noch extrem gering. Schon deshalb muss man als Käufer in den meisten Fällen auf den – generell weniger nachhaltigen Versandhandel – zurückgreifen.