Ein Blick in die Zukunft – mit dem Wissen aus 50 Jahren Golf
Der Brite Denis Pugh ist einer der bekanntesten Schwung-Coaches der Welt. Spieler wie Francesco Molinari, Colin Montgomerie oder Ross Fisher hat er über Jahre hinweg betreut und zu unzähligen Erfolgen geführt. Pugh selbst, der im The Wisley Golf Club in London unterrichtet, ist selbst ein leidenschaftlicher Golfer, der im Verlauf von 50 Jahren nicht nur unzählige Plätze weltweit kennengelernt hat, sondern auch die Entwicklung des Golfsports zum Beispiel als Kommentator für Sky Sport genau verfolgt hat. Mit ihm haben wir in unserer Reihe Vision 2050 darüber gesprochen, welche Änderungen der Golfsport braucht, um für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet zu sein.
Wie und in welchem Alter sind Sie zum Golf gekommen?
Denis Pugh: Ich erinnere mich, dass ich 1967 den Walker Cup verfolgt habe, als ich etwa 13 Jahre alt war. Ich sah ihn mir im Fernsehen an, weil ich krank war, ich hatte die Grippe und ging nicht zur Schule. Zu dieser Zeit habe ich alle möglichen Sportarten gespielt. Und dann sah ich plötzlich Golf und dachte, das muss ich auch mal ausprobieren. Mein Nachbar war ein Golfer. Also gab er mir ein Eisen 7 und ein Eisen 3, nur um mit ein paar Bällen zu üben, und ich ging zu den örtlichen Fußballplätzen und schlug ein paar Bälle. Ich war sofort süchtig nach dem Spiel.
Was hat Sie am meisten fasziniert?
Denis Pugh: Am meisten faszinierte mich, dass es kein Mannschaftssport war. So konnte ich einfach spielen, üben und ein Gefühl für den Sport bekommen. Ich musste nicht von jemandem ausgewählt werden. Ich habe damals sehr gut Fußball gespielt, aber mit 15 Jahren habe ich gemerkt, dass mir Golf viel mehr Spaß macht. Ich musste mich entscheiden, ob ich an einem Fußballspiel oder an einem Golfturnier teilnehmen wollte. Ich entschied mich für den Golfsport, und so ist es seitdem geblieben.
Hat sich die Faszination in den letzten 30 Jahren verändert?
Denis Pugh: Ich denke, die Herausforderung hat sich nie verändert. Während man mit anderen auf dem Golfplatz zusammen ist und sich unterhält, versucht man immer noch, sich mit dem Golfplatz zu messen. Der Modus ist eine Person gegen den Golfplatz. Meiner Meinung nach ist das der ultimative sportliche Test.
Wenn Sie auf die Plätze zurückblicken, auf denen Sie vor 30 Jahren gespielt haben, auf das Greenkeeping und das Management, was können wir daraus für die Zukunft lernen?
Denis Pugh: Ich denke, das Einzige, was sich im Golfsport verändert hat, und zwar nicht zum Besseren, ist der hohe Grad an Raffinesse beim Greenkeeping. Die Grüns werden immer schneller und schneller. Das ist teuer, weil man viel Material dafür benötigt. Und es braucht auch Männer zum Mähen. Wenn die Grüns immer schneller werden, braucht man größere Flächen, um sie mit Breaks zu versehen. Der Durchschnitt für ein Tour-Green lag früher bei sechs auf dem Stimpmeter und hat sich jetzt auf 12 verdoppelt. Das Ganze in nur etwa 50 Jahren, so lange spiele ich schon Golf. Für mich ist das negativ, weil man immer mehr Geld für die Instandhaltung braucht. Der andere wichtige Faktor ist natürlich, dass die Spieler sehr athletisch geworden sind, vor allem durch besseres Training und bessere Fitnessübungen. Das bedeutet, dass sie den Ball sehr weit schlagen. Das wiederum hat zur Folge, dass mehr Fläche benötigt wird, um sie zu fordern. Einige der alten klassischen Golfplätze haben einfach nicht das Gelände dafür. So werden sie obsolet. Die neuen Plätze, die gebaut werden, sind viel zu groß und verbrauchen zu viel Land. Wir müssen sie pflegen, um den hohen Ansprüchen gerecht zu werden, denn im Fernsehen sieht alles so perfekt aus. All das übt einen enormen Druck auf alle aus und treibt die Kosten in die Höhe. Generell gibt es zwei negative Szenarien für die Zukunft des Golfsports: Erstens, dass es einfach zu teuer wird, Golfplätze zur Verfügung zu stellen, so dass man stattdessen Wohnsiedlungen auf ihnen baut. Und die zweite Befürchtung ist, dass das Spiel sich wie Basketball entwickelt, wo nur Spieler mit einer bestimmten Physis mithalten können. Auf Tour-Niveau könnten dann nur noch bestimmte Athletentypen mithalten.
Wir haben in der Vergangenheit auch Sportler wie Jack Nicklaus oder Arnold Palmer gesehen. Haben Sie das Gefühl, dass sich die Kluft zwischen dem normalen Amateur, der Golf zum Spaß spielt, und den Profis vergrößert hat?
Denis Pugh: Ja, die Kluft hat sich vergrößert. Ein Clubgolfer kann nicht wirklich nachvollziehen, was auf der Tour passiert, wo der Ball 300 Meter weit geschlagen ist. Für einen Profi ist es normal, mit einem Eisen sieben etwa 180 Meter weit zu schlagen, was verrückt ist. In meiner Welt ist das nicht normal. Als ich auf der Tour gespielt habe, war ich eher einer der kürzeren Spieler. Ich konnte den Ball vom Tee aus auf 230 Meter schlagen, und Greg Norman als der beste Driver kam auf 260 oder 270 Meter. Der Abstand zwischen dem vielleicht kürzesten Spieler auf der Tour und dem längsten betrug nur 30 oder 40 Meter. Wenn ich das auf heutige Verhältnisse beziehe und mein Alter zurückdrehen würde, käme ich alleine durch Verbesserungen am Equipment inzwischen wohl auf 260 Meter. Aber das Problem ist, dass die längsten Spieler auf der Tour den Ball 360 Meter weit schlagen. Und der Abstand beträgt plötzlich 100 Meter. Das ist nicht mehr fair, weil kürzere Spieler nicht die gleichen Vorteile aus der Ausrüstung ableiten können, die hauptsächlich auf eine hohe Schwunggeschwindigkeit abgestimmt ist. Golf ist zu einem Hochgeschwindigkeitssport wie die Formel 1 geworden.
Diskutieren die Spieler über diese Entwicklung?
Denis Pugh: Sie sprechen nicht wirklich darüber, weil das für sie nicht von Vorteil wäre. Sie sind schließlich diejenigen, die genau darauf trainiert wurden, in diesem Umfeld Leistung zu erbringen. Diejenigen, die an eine bessere Entwicklung des Spiels in der Zukunft denken, sind die ehemaligen Profis, die ihre Karriere hinter sich haben und die Verrücktheit der Entwicklung erkennen können. Und es gibt Golffunktionäre, die diese negative Entwicklung ebenfalls sehen. Aber sie haben oft Angst vor den Beschwerden der Ausrüstungsfirmen, vor Klagen und dergleichen. Ihnen sind die Hände ein wenig auf dem Rücken gebunden. Ich denke, es besteht grundsätzlich die Bereitschaft, sich mit dem Problem zu befassen, aber es ist eher Show – es wird sich nicht wirklich etwas ändern. Eine Schande…..
Während der US Open versucht die USGA, klassische Plätze zu präsentieren. Haben wir noch klassische Plätze, die den Test der Zeit bestehen?
Denis Pugh: Der Punkt bei den US Open ist, dass die USGA die Plätze bis zu einem Punkt tunen muss, an dem es fast unspielbar wird. Denn die USGA ist der Meinung, dass die US Open mit Par oder nur wenigen Schlägen unter Par gewonnen werden sollten. Der beste Platz der Welt und immer noch das beste Beispiel dafür, was Golf sein könnte und sein sollte, ist der Old Course in St. Andrews bei der Open Championship, auch wenn der R&A ein wenig Schuld auf sich geladen hat, weil er versucht hat Abschläge zu finden, die nicht einmal auf dem ursprünglichen Platz liegen. Aber dem R&A macht es nichts aus, wenn der Siegerscore bei gutem Wetter bei 20 unter Par liegt, und es macht ihm nichts aus, wenn fünf über gewinnt, wenn das Wetter schlecht ist. Der Sinn der Open Championship besteht darin, dass die Umgebung und das Wetter ebenso Teil der Herausforderung sind wie das Design. Übertrieben schnelle Grüns sind in St. Andrews wegen der starken Winde unmöglich. Für mich ist der Old Course von St. Andrews der Platz, dem alle nacheifern sollten. Diese Herausforderung ist etwa 500 Jahre alt.
Die USGA und die R&A argumentieren, dass die Golfclubs weltweit in der Zukunft nicht in der Lage sein könnten, die steigenden Kosten für Ressourcen wie Wasser, Sand oder Personal zu tragen. Brauchen wir neue Regeln?
Denis Pugh: Ja, das brauchen wir. Wir müssen den Ball verbessern, damit er kürzer fliegt. Zuallererst sollten wir die Schläger verändern, indem wir sie kleiner machen, sodass der Sweetspot kleiner wird. Außerdem sollte die Grüngeschwindigkeit auf demselben Grün nie höher als sechs sein. Das würde jeden Spieler betreffen. Und schließlich würde ich die maximale Länge eines Golfplatzes auf 6000 Meter festlegen. Das funktioniert, wenn man alle Änderungen zusammen einführt. Wenn die Profis mit einem Golfball spielen, der so weit wie ein Schlag in den 90er Jahren geht, wäre das fair. Werfen wir einen Blick auf andere Sportarten: Der 100-Meter-Sprint, den Jesse Owens bei den Olympischen Spielen in Berlin gewonnen hat, ist immer noch derselbe. Er wurde nicht auf 150 Meter verlängert, weil die Männer oder Frauen jetzt schneller laufen. Auf diese Weise können wir die großen Sportler über die Jahre hinweg vergleichen.
Wie schnell könnte sich der Golfsport verändern?
Denis Pugh: Das ist schon jetzt möglich. Wir könnten innerhalb von sechs Monaten das Turniergolf auf 6000 Meter begrenzen, die Schläger und Bälle ändern und die Grüngeschwindigkeit begrenzen. Wenn wir keine Änderungen vornehmen, wird Golf langsam und langweilig. Die hohe Grüngeschwindigkeit macht das Spieltempo langsam, weil die Spieler zum Teil drei oder vier Putts brauchen. Die Architekten müssen die Plätze anspruchsvoller gestalten, um mit den Anforderungen der Verbraucher Schritt zu halten. Aber vergleichen wir das Ganze doch mit dem Fußball – die Spielfelder werden nicht größer, nur weil die Spieler schneller laufen. Alles in allem denke ich also, dass diese Dinge morgen möglich sind. Aber es wird nicht passieren, weil alle Angst vor den Konsequenzen haben.
Sie haben einen Wunsch frei, um den Golfsport für die Zukunft besser zu machen? Wie lautet er?
Denis Pugh: Oh, wir sollten den Golfplatz so gestalten, dass jeder mit dem Geschehen im Fernsehen etwas anfangen kann, dann ist der Unterhaltungswert viel höher. Es wäre schön, wenn es eine Art Beziehung zwischen der Realität der Hobbygolfer und der Realität der Superstars gäbe. Das ist also mein Wunsch. Und mein größter Wunsch ist es, die vollständige Kontrolle über den Sport zu haben. Ich würde Golf morgen ändern. Dann hätte der Golfsport auch weniger Auswirkungen auf die Umwelt und wäre im Hinblick auf das Thema Landnutzung für diejenigen akzeptabler, die selbst nicht Golf spielen.