Boden, Bäume, Biodiversität: So finden Landwirtschaft und Golfsport zusammen
„Es war wirklich mein Traum, Landwirt zu sein.“ Als Christian Wörrle das sagt, blickt er von der Golfanlage Iffeldorf auf das Panorama der bayerischen Voralpen. Seit 2010 ist er hier Head-Greenkeeper – ein neuer Traumjob wie er findet. 800 Kilometer weiter im Norden steht Carolin Lessau auf einem Abschlag der 27-Löcher-Anlage Gut Glinde im Großraum Hamburg und erzählt von den Planungen für das nächste Jahr. „Wir werden noch einmal richtig investieren und die Beregnung verbessern“ erklärt die junge Geschäftsführerin. Investitionen sind ihr und ihrem Vater Jens Lessau, Besitzer der Anlage wichtig, um die Attraktivität für Mitglieder und Neugolfer weiter zu steigern.
Aus der Landwirtschaft in die Golfindustrie
Carolin Lessau und Christian Wörrle kennen sich nicht. Und doch haben die beiden vieles gemeinsam. Wie Wörrle kommt Lessau aus einer Familie, die immer Landwirtschaft betrieben hat. Wie Wörrle hat auch ihr Vater eines Tages beschlossen, etwas mehr als 100 Hektar Ackerfläche in einen Golfplatz umzuwandeln. Wörrle und Lessau kennen die Herangehensweise der Landwirte an den Golfsport; sie kennen die Erwartungshaltung der Golfspieler an die Qualität der Flächen – und sie haben auch vor ihrer Laufbahn im Golfsport immer mit dem Thema Natur, mit der Beurteilung von Wasserqualität, mit Bodenschutz zu tun gehabt.
Eine Golfplatztour mit Wörrle und Lessau ist auch deshalb interessant, weil Landwirtschaft und Golfindustrie in der öffentlichen Diskussion oftmals gegeneinander ausgespielt werden. Da wird von der Landwirtschaft das Bild der Monokulturen gezeichnet, des hohen Nitrat- und Pestizidverbrauchs. Auf der anderen Seite wird bei den Golfern der hohe Landverbrauch für ein paar wenige Spieler bemängelt und der Wasserverbrauch für eine Sportfläche.
Was in der Diskussion verloren geht, ist die Tatsache, dass zahlreiche Betreiber von Golfanlagen oder Head-Greenkeeper auf deutschen Golfanlagen aus der Landwirtschaft stammen, ihr Gelände entweder verpachtet haben oder es eben selbst für einen Golfplatz nützen. Geblieben ist ihnen dabei das ureigene Interesse, dass der Boden und die Bäume gesund und die Tierwelt erhalten bleibt.
Auf der Golfanlage Iffeldorf kann Wörrle zusammen mit Anlagenleiterin Bärbel Schmidbauer diese Herangehensweise leicht dokumentieren. Mit der Auszeichnung in Gold beim DGV-Qualitätsmanagement-Programm Golf und Natur und der Auszeichnung beim Blühpakt Bayern gehört man zu jenen Golfanlagen, die innerhalb des Bayerischen Golfverbandes für viel Engagement für das Thema Ökologie stehen.
„2014 haben wir begonnen eine neue Strategie zu entwickeln“, erinnert sich der Head-Greenkeeper an die Anfänge dieser Ausrichtung. Zusammen mit einem Büro für Landschaftsarchitektur wurde ein spezieller Pflegeplan für die großen Hard-Rough-Flächen entwickelt. Das Mulchen hat man längst eingestellt, die Wiesenflächen werden sogar mit einem hauseigenen Balkenmäher bearbeitet, was keineswegs Standard in Deutschland ist. Das Heu verwertet Wörrle auf dem eigenen Nebenerwerbsbetrieb. Landwirtschaft und Golfplatzbetrieb ergänzen sich bestens.
Im GC Gut Glinde ist die Herangehensweise in mancherlei Hinsicht ähnlich. Lessaus Bruder Philipp, ebenfalls gelernter Landwirt, hat auch eine Greenkeeperausbildung und leitet die Platzpflege. Den sachkundigen Umgang mit dem zahlreichen hochgewachsenen Bäumen auf der Anlage garantiert der Lebensgefährte der Geschäftsführerin, ein Forstwirt. Bei der Mahd der Roughs unterliegt Gut Glinde zwar keinerlei Auflagen, „aber wir mähen ohnehin immer so, dass die Jungtiere aus den Flächen sind, das machen wir ja auf den landwirtschaftlichen Flächen auch so“, resümiert Lessau.
Vom umfangreichen Wissen um Boden, Pflanzen und Wasser aus der Landwirtschaft haben beide Golfanlagen erkennbar profitiert. Die Landwirte selbst haben mit den Golfanlagen wirtschaftlich neue Standbeine gefunden. In Iffeldorf blickt man von der Golfanlage direkt auf die Wiesen, in denen ein paar Kühe weiden. In Gut Glinde grenzen die Felder direkt an Spielbahnen der Golfer. Wer der Frage nach der Vereinbarkeit von Landwirtschaft und Golfsport nachgehen will, findet hier zwei positive Beispiele. Es ist eine Win-Win-Situation für alle Seiten.