Politische Sommertour auf Golfplätzen
Man könnte glauben, eine Workshop-Gruppe sei unterwegs. Sie inspiziert auf dem Platz des GC Ulm zuerst die Blühwiesen nahe des Clubhauses, spricht über Amphibienwanderung und Magerrasenflächen, um irgendwann schließlich vor einem optisch erst einmal unspektakulären Gelände zu enden, wo der große Wiesenknopf gefördert wird; eine Pflanze, die wiederum den Wiesenknopfameisenbläuling anzieht, eine extreme Rarität unter den Schmetterlingen wie Ulrich Müller vom Regionalverband Donau-Iller des BUND feststellt.
Die Gruppe, von der hier die Rede ist, setzt sich zusammen aus dem Grünen-Politiker Dr. Andre Baumann, Ministeriumsmitarbeitern aus Baden Württemberg, Verbandsoffiziellen des Golfsports, Naturschützern, Imkern, Greenkeepern, Golfern. Wer sich die Konstellation genauer ansieht, kommt zu der Erkenntnis: Eine Gruppe wie diese hätte sich noch vor fünf Jahren niemals so harmonisch auf einem Golfplatz getroffen.
Politik trifft Golfsport
Die Lage hat sich geändert: Die Politik kommt auf die Golfplätze, weil diese viele naturnahe Flächen bieten. Die Golfplätze arbeiten mit Umweltschutzverbänden wie dem BUND oder dem Landesbund für Vogelschutz zusammen, weil sie erkannt haben, dass ein Sport in der Natur nur im Einklang mit dieser überleben kann. Und die Umwelt- und Naturschützer helfen gerne auf den Golfplätzen, weil sie dort, wie Müller es in Ulm formuliert, „auf Raritäten treffen, die es sonst kaum noch gibt.“
Deshalb macht Andre Baumann, einst Umwelt-Staatssekretär in Baden-Württemberg und jetzt Bevollmächtigter des Landes beim Bund, gerade eine Sommertour über Golfplätze, die in Ulm ihren Abschluss findet. Er war im Stuttgarter Golf-Club Solitude, im Golfclub Domäne Niederreutin und jetzt ist er eben hier. Wer ihm zuhört, merkt: Der Mann ist vom Fach. Er ist Biologe, war lange Landesvorsitzender des Naturschutzbundes Deutschland, inzwischen ist er von den Grünen zum Landtagskandidaten nominiert. Es gibt nicht wenige in der Region, die glauben, dies könnte der nächste Umweltminister in Baden-Württemberg werden.
Dr. Andre Baumann (2.v.l.), Bevollmächtigter beim Bund, mit dem Präsidenten des Baden-Württembergischen Golfverbandes, Otto Leibfritz (3.v.r.), beim GC Ulm
Kommunikation verhindert zu viel Bürokratie
„Wir haben das große Ziel die biologische Vielfalt in Baden-Württemberg zu schützen“, erklärt Baumann. Die Golfplätze haben ihn beeindruckt, „weil sie so unterschiedlich waren“ und weil er erkannt hat, welches Potential sie bieten. „Einer der Eckpunkte unserer Ziele besteht darin, dass wir miteinander sprechen und nicht übereinander“, sagt er zu den Personen vor ihm. Im GC Ulm klappt das offenbar, was man an zwei neu gestalteten Grüns feststellen kann, deren Genehmigung auf dem kleinen Dienstweg unproblematisch gelaufen ist, weil sich die Vertreter der Golfanlage, der Unteren Naturschutzbehörde und der beteiligten Naturschutzverbände verstehen. „Wenn man das Vertrauen aufgebaut hat, kann man auch unbürokratisch etwas umbauen“, es „sei vorbildlich, wie das hier funktioniert“, resümiert der Politiker.
Das Thema Artenreichtum und Biodiversität ist angekommen auf den Golfanlagen, was auch der Präsident des Baden-Württembergischen Golfverbandes Otto Leibfritz bestätigt. „Fast alle Clubs haben erkannt, was zu tun ist“, stellt er fest. Sein Kollege Arne Malte Uhlig vom Bayerischen Golfverband setzt noch hinzu: „Tue Gutes und sprich darüber, das ist das Ziel“. Im Moment werde eben in der Öffentlichkeit noch nicht klar genug, dass auf Golfplätzen seit Jahrzehnten jenseits der Spielbahnen artenreiche Flächen das Bild prägten.
Hohe Qualität bei Grüns auf dem Sportplatz für Golfer wichtig
„Trotzdem sind wir natürlich in erster Linie ein Sportplatz“, stellt Dr. Gunther Hardt fest, der für den Deutschen Golf Verband unter anderem das Zertifizierungsprogramm Golf & Natur betreut, an dem alle drei der besuchten Golfplätze teilnehmen. Die Kombination aus hoher Qualität bei Grüns und Spielbahnen, Ressourcenschonung und Steigerung der Biodiversität müsse im Mittelpunkt der Arbeit stehen. „Jetzt passt das Thema eben auch in den Zeitgeist“, stellt der Vize-Präsident des DGV Achim Battermann noch fest. Auch deshalb werde man auch in anderen Landesverbänden auf eine Vertiefung der Gespräche mit Vertretern aus Politik, Umweltverbänden und Golfsport drängen. In Hessen und Schleswig-Holstein sei man bereits auf einem guten Weg.
Am Ende der Visite über den Golfplatz stehen die Politiker, Verbandsoffiziellen, Naturschützer wieder zusammen. Es ist ein Bild von Einigkeit, auch von Entschlossenheit, auf und mit den Golfflächen etwas Positives in Sachen Artenschutz zu bewegen. Es ist ein Bild, das eigentlich unspektakulär wirkt aber es nicht ist – weil sich hier Interessen zusammengefügt haben, die noch vor zehn Jahren als unvereinbar galten.