Woburn Golf Club – ein Nachhaltigkeits-Champion
Historie, Exklusivität – das sind die Begriffe, mit denen man den Woburn Golf Club im Norden von London verbindet. In den vergangenen Jahren ist ein dritter hinzugekommen: Nachhaltigkeit, ein ganzer Themenkomplex, um den sich seit 2010 Gavin Sowden kümmert, der Nachhaltigkeitsmanager des Clubs. „2010 wurde ich vom Management aufgefordert, mal einen ersten Blick auf das Thema zu werfen“, erklärt er seine Rolle. Damals stand eine ISO-Zertifizierung zum Thema Nachhaltigkeit im Raum. Er fing an, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, stieß auf die damals noch relativ kleine GEO, Golf Sustainable Organisation aus Schottland. „Da haben wir dann mitgemacht“, und los gings.
Seitdem ist das Thema für Sowden zu einer Leidenschaft geworden und für den Golfclub zu einem Projekt, das längst dazu geführt hat, dass Woburn, eigentlich bekannt als Schauplatz zahlreicher Profiturniere, auch in Sachen Nachhaltigkeit für Exzellenz steht. Wer einen genauen Blick auf die Vielfalt von Projekten, die Höhe der Investitionen wirft, erkennt schnell das Erfolgsrezept: Eine verantwortliche Person mit Leidenschaft hat ein Programm entworfen, das von Inhaberseite voll unterstützt wird und damit innerhalb der gesamten Belegschaft auf Akzeptanz stößt. Da ist der Koch Paul Nicholls, der erklärt „wir kaufen so lokal wie eben möglich und irgendwelche exotischen Produkte von Overseas brauchen wir nicht.“ Da ist die Marketing-Assistentin Jon Dibb, die weiß „wir haben inzwischen Sponsoren, die nur deshalb zu uns kommen, weil wir so nachhaltig arbeiten.“ „Alle sind an Bord“ ist das Resümee, das Gavin Sowden zieht.
Dabei ist die Grundlage aller Aktivitäten eine genaue Datenerfassung, die von Wasser-, Dünger- und Energieverbräuchen bis zu Plastikflaschen reicht. Halogen-Lampen an der Proshop Decke, elektrische Grünmäher im Greenkeeping-Komplex, Wassertanks zum Wiederauffüllen von Flaschen, die Liste der Maßnahmen, die sich jeweils nach einer genauen Datenerhebung ergeben haben, ist schier endlos.
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Auch ein komplettes CO2-Reporting des Clubs existiert seit einigen Jahren. Separate Zähler in allen Gebäuden machen in Woburn eine genaue Analyse möglich. Ein Lieferanten-Tag, bei dem das Prozedere des CO₂-Reportings im Detail durchgesprochen wird, sorgt dafür, dass sämtliche Produktdaten von jedem Zulieferer tatsächlich geliefert werden. Ein Sisyphos-Projekt zweifellos – aber eines, das der Club erfolgreich gestemmt hat.
Es ist die Liebe zum Detail, die auffällt, wenn man über die Anlage geht. Matten an Baumstämmen schützen Neuanpflanzungen vor heranfliegenden Bällen. Die Mint-Wall am Clubhaus, die all‘ die Kräuter enthält, die dann zum Beispiel für den Gin Tonic genützt werden, sieht hübsch aus und macht Sinn. Die Mähmuster auf den Fairways wurden so geändert, dass der Dieselverbrauch sank, aber das optische Erlebnis nicht litt. Und das gesammelte Kaffeemehl aus der Gastronomie wird inzwischen zu Coffee Logs verarbeitet, die anschließend als Brennmaterial dienen.
Wassermanagement ein Hauptprojekt
Großprojekte sorgen daneben für den Wow-Effekt: Der Speicherteich mit 110.000 m³ Fassungsvermögen hat das Wassermanagement der Golfanlage, das früher weitgehend auf der Verwendung von Trinkwasser basierte, komplett verändert. Nachdem eine Grundwasserentnahmelizenz für 100 Kubikmeter pro Tag vorliegt, wird nun das Wasser täglich in den Speicherteich gepumpt. Bei größerer Trockenheit entnimmt die Beregnungsanlage erst dort das Wasser, bevor sie auf das Trinkwasser zurückgreift. Nachdem auch das Drainagewasser in den Teich gepumpt wird, strebt der Golfclub beim Wasserverbrauch nun auf Dauer die Selbstversorgung an.
Neben dem Wassermanagement ist die Waldbewirtschaftung ein Kernprojekt. Woburn Estate umfasst insgesamt etwa 3.000 Acres (ca. 1.214 Hektar) Gelände und beherbergt verschiedene Attraktionen, darunter Woburn Abbey, die Gärten und einen weitläufigen Wildpark. Der Woburn Golf Club als Teil des Anwesens verfügt über drei 18-Loch-Meisterschaftsplätze: den Duke’s Course, den Duchess Course und den Marquess Course. Alte Birken und Kastanien säumen die Fairways. Wer hier eine Runde spielt, hört keinen Lärm. Die alten Waldbereiche von Woburn Abbey werden weitgehend sich selbst überlassen. Totholz liegt an den Seiten der Cartwege, die von Loch zu Loch führen.
First Green-Projekt mit Schulen
Fahrradfahrer sind hier genauso willkommen wie Wanderer. Die Einbindung des gesamten Estates in die Region ist Eigentümer Andrew Ian Henry Russell, 15. Duke of Bedford, wichtig. Schulklassen sind auf der Golfanlage willkommen. Erfolgreich ist aber auch das Programm First Green für 50 Schüler, die hier ersten Kontakt mit dem Greenkeeping bekommen. „Durch die Einbindung der Schulen wecken wir auch mehr Interesse für den Berufsstand Greenkeeper“, erklärt Sowden. Bei insgesamt drei 18 Löcher-Plätzen besteht ständiger Bedarf an Personal.
Was auf den ersten Blick auf den Besucher wirkt wie eine klassische Golfanlage, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als ein echter Vorzeigefall in Sachen Nachhaltigkeit. Sowden selbst ist dabei stets bereit, sein Wissen mit anderen zu teilen. Nachhaltigkeitsmanagement, so hat er an der eigenen Person festgestellt, ist ein Thema, in das man hereinwächst. Die Vielfältigkeit der Themen hat ihn über die Jahre selbst überrascht. Die eigene Motivation wächst mit der Begeisterung der Kollegen. All‘ die Vogelkästen, die sich auf dem Gelände verteilen, zimmert ein pensionierter Kollege aus Altholz und bringt sie dann wieder zurück zum Club. Gemeinschaftsprojekte wie dieses begeistern Sowden.
Irgendwann in den nächsten Jahren wird auch er pensioniert. Ob ihn das Thema dann loslässt? Wohl kaum.