Hauptsache bunt – dann ist die Wiese wunderbar. Mit diesem Irrglauben bei vielen Golfern kämpft so mancher Greenkeeper, der sich auf Schleswig-Holsteins Golfanlagen mit Blühwiesen beschäftigt. Leuchtend roter Klatschmohn oder die üppig blühende gelbe Sonnenblume sind echte Blickfänger auf dem Golfplatz – ihre Wertigkeit in Sachen Artenvielfalt ist allerdings eher gering, weil es sich um schnell-keimendes, gezüchtetes Saatgut handelt, das nicht standorttypisch ist und außerdem nach einem Jahr abstirbt.
Deshalb steht Head-Greenkeeper Kai Schmuck vor einer seiner vier neuen Blühwiesenflächen im Golf-Club Altenhof und blickt kritisch auf den Bestand. „Wir haben vor vier Jahren damit angefangen, Flächen für Blühwiesen anzulegen, insgesamt fast 10.000 Quadratmeter“, stellt er fest. Das Saatgut stammt vom Deutschen Verband für Landschaftspflege, der noch bis 2026 die Anlage von artenreichen Wiesen in Schleswig-Holstein fördert. Der GC Altenhof ist nur eine von mehreren Anlagen, die sich dem Förderprogramm angeschlossen haben.
Schmuck ist damit die Auswahl des Saatgutes für die Blühwiesen abgenommen wurden. Statt einer Saatmischung mit einjährigem Saatgut aus dem Baumarkt, die oft als preisgünstige Lösung auf Golfanlagen Anwendung findet, wurde ihm regional angepasstes Saatgut geliefert. Mehrjährige Blühwiesen mit standorttypischem Saatgut haben so viele Arten integriert, dass kontinuierliche Blühzeiten über mehrere Jahre und jeweils mehrere Monate im Jahr gewährleistet sind. Dass bedeutet, dass auch spezialisierte Insekten, also zum Beispiel Wildbienen genügend Nahrung auf einer Fläche finden. Auch Bodenlebewesen wie Spinnen, Vögel oder kleine Säugetiere werden dadurch gefördert, weil sich auch ihr Nahrungsangebot erhöht.
Deutschland braucht hochwertige Wiesen
An Flächen mit solch‘ hochwertigen Wiesen mangelt es Deutschland. Das war auch die Kernaussage eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 14. November 2024, das eine Rüge für die Bundesrepublik Deutschland enthielt. In vielen Regionen mit sogenannten Flachland-Mähwiesen oder Berg-Mähwiesen wird zu viel gedüngt und zu viel gemäht. Die Größe der hochwertigen Flächen nimmt nach Beurteilung des höchsten Europäischen Gerichtshofes für Verwaltungsrecht ab. Damit, so der EuGH, verstoße Deutschland gegen EU-Recht.
Auf Deutschlands Golfplätzen spielt die Entwicklung hochwertiger Wiesen deshalb eine wichtige Rolle. „Bei den meisten Golfanlagen sehen wir den grundlegenden Willen, die Flächen so zu bewirtschaften, dass sich Artenvielfalt entwickeln kann“, stellt Dr. Gunther Hardt, Vorsitzender des Arbeitskreises Biodiversität im Deutschen Golf Verband fest.
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Die Umsetzung allerdings ist alles andere als einfach, wie Schmuck festgestellt hat. Die knapp 10.000 Quadratmeter Fläche hat er zuerst für die Einsaat vorbereitet. Das bestehende Gras wurde abgetragen, die Fläche umgefräst, von möglichst allen Wurzeln befreit und erst dann angesät. „Das Gras war und ist allerdings sehr dominant“, schildert er seine Erfahrungen. Mit Hilfe des Deutschen Verband für Landschaftspflege, plant er nun im Herbst ein Pflegeprogramm, das den verbliebenen Wurzelbestand des Grases angreift, so dass sich die anderen Arten besser durchsetzen können.
Eine Erfolgsgarantie für die Entstehung einer artenreichen Wiese gibt es trotz Verwendung des richtigen Saatgutes nicht. Das bestätigt auch Dr. Sandra Rojas-Botero, Projektleiterin von Golf Biodivers an der Technischen Universität München, die zusammen mit den Universitäten Kiel, Freiburg und Münster über einen Zeitraum die besten Bedingungen für die Anlage von artenreichen Wiesen auf Golfanlagen erforscht. Mit Blick auf die Neuansaat von Flächen erklärt sie, dass auch Misserfolge möglich sind, „wenn die Böden zum Beispiel zu nährstoffreich waren und die Grasdominanz dann bei weitem zu hoch ist“. Auch die größten Herausforderungen bei der Optimierung von Flächen kennt sie: „Der ästhetische Anspruch an die Grünflächen und die Erwartungshaltung von Verantwortlichen und Golfern kann ein Problem sein.“
Damit wären wir wieder bei Klatschmohn und Sonnenblume. Auf den ersten Blick ein Hingucker – aber nicht nur im Golf Club Altenhof wissen Greenkeeper und Golfer inzwischen: Ein echter Mehrwert für die Artenvielfalt ist das nicht.