Royal Mid-Surrey GC: Historie trifft Moderne
Richmond ist London Zentrum. Autos, Busse, Häuser. Kew Gardens und der Old Deer Park sind die grünen Lungen hier – und der Royal Mid-Surrey Golf Club, dessen Eingang sich leicht versteckt neben einer Sportanlage befindet. Hier stößt vom ersten Moment des Besuchs an Historie auf Moderne. Seit 1892 gibt es den Club an der Themse, aber ein klassischer Fall für einen Old Boys Club, wie ihn die Golf-Kritiker in England gerne anprangern, ist das hier nicht.
Grüne Energie und Zukunftssicherung beim Wasser
Vor dem Clubhaus parkt man das E-Fahrzeug an einer der sechs E-Tankstellen. Der Blick fällt auf die Solaranlage auf dem Clubhaus-Dach – und wenig später vom Golfplatz auf das Observatorium, das König George III hier 1769 bauen ließ, um die Sterne zu beobachten. Der Royal Mid-Surrey Golf Club liegt auf königlichem Gelände, hat einen Pachtvertrag für die zwei Golfplätze. Wer aus dem Zusatz „Royal“ den Schluss zieht, der Golfclub sei rückwärtsgewandt, täuscht.
In Sachen Nachhaltigkeit gehört der Club mit seinen zwei 18-Löcher-Plätzen in vielerlei Hinsicht zu den Vorreitern auf der Insel. „Wir haben das Thema hier mitten im Herzen des Clubs verankert“, erklärt Mark Gailey, General Manager, kurz und verweist auf das Engagement seiner Kollegin. Claire Silva ist Sustainability Lead im Royal Mid-Surrey Golf Club, “eine Aufgabe, die mir gefällt, weil ich das Gefühl habe, dass ich etwas bewegen kann.“
Frauen spielen in diesem Club seit der Gründung an eine wichtige Rolle. Royal Mid-Surrey war immer ein gemischter Club und stellt heute die größte weibliche Mitgliedschaft in England, 26 Prozent der Mitgliedschaft macht sie aus. Dass der Club zu den Unterzeichnern der Women in Golf Charter des R&A zählt, ist insofern nur schlüssig. Pam Barton, nach der einer der beiden Plätze benannt ist, gewann 1936 die British und U.S Amateur Championship. Die Gleichberechtigung von Frauen im Golf ist in diesem Club schon historisch gegeben.
Insofern sind es andere Nachhaltigkeits-Themen, mit denen sich der Club derzeit vorrangig beschäftigt. In den vergangenen Monaten hat man sich einer Strategieentwicklung für die Zukunft verschrieben, die Fokusthemen festgelegt. Wassermanagement ist der Punkt, der am entscheidendsten ist. „Wir gehen davon aus, dass sich die Regulierungen für die Entnahme von Wasser verschärfen und sich eventuell auch die Wasserpreise ändern werden“, stellt Silva fest. Ein Wasserkonzept für die Anlage zu entwerfen, die einerseits mit weniger Niederschlägen auskommen muss, andererseits aber auch im Überflutungsgebiet der Themse liegt, ist nicht einfach. Wie die Mitglieder auf Dauer eine braunere Optik der Fairways akzeptieren werden – Silva weiß es noch nicht.
Nachhaltigkeits-Projekte können manchmal unbequem sein – und so kämpft man auch in Royal Mid Surrey wie in so vielen anderen Golfclubs damit, Golfer von der Sinnhaftigkeit artenreicher Roughflächen zu überzeugen. Rund 50 Prozent Extensivflächen hat die Anlage, die eine GEO-Zertifizierung hat, vorzuweisen. Trotz des insgesamt knappen Geländes wurden sie in den vergangenen Jahren vorsichtig erweitert. Das Problem dabei unterscheidet sich kein bisschen von allen anderen Golfclubs dieser Welt: Nicht jedes der Mitglieder ist begeistert über mehr Rough.
Abschied vom Plastik
Und das obwohl das Thema Nachhaltigkeit hier explizit von der Mitgliedschaft mitgetragen wird, die sich inzwischen auch in einem Nachhaltigkeits-Komitee einbringt und die Umstellung auf einen nahezu plastikfreien Betrieb engagiert mitgegangen ist. Die Ansätze hier sind vielfältig: Draußen vor dem Clubhaus wachsen die Kräuter, die in der Clubküche verwendet werden und in den Vasen stecken Blumen aus dem eigenen Garten. Die Lieferanten hat man bereits mit Blick auf regionalen Einkauf optimiert und im Greenkeeping wurden zumindest alle Handgeräte bereits auf elektrischen Betrieb umgestellt.
„Wir sind im Ganzen inzwischen wirklich ein sehr nachhaltiger Club geworden“, resümiert Silva zufrieden und verweist auch auf den jährlichen Nachhaltigkeitsbericht, der Teil des Reportings bei der Jahreshauptversammlung ist. „Alles auf einmal kann man sowieso nicht machen“, lautet ihr realistischer Ausblick auf die nächsten Jahre. Das Thema Kreislaufwirtschaft und Müll will sie sich stärker vornehmen, bei den Investitionen wird das Thema Wasser ohnehin im Zentrum stehen. „Vor allem aber müssen wir Wassersicherheit herstellen“, formuliert sie das Ziel.
Es sind neue Ziele für einen sehr alten Club. Dass dieser nach mehr als 130 Jahren Bestehen für den modernen Golfer so attraktiv ist, dass man bei Neuaufnahmen weiterhin mit einer Warteliste arbeitet, mag daran liegen, dass man hier schon immer nachhaltig gedacht hat.