Real Live: Mein kleiner Kampf um schwarze Schuhe
Das hier ist Alicia, 48 Jahre alt, eine Golferin mit zwei Kindern. Das Thema Nachhaltigkeit interessiert sie, sie versucht es zu leben. Aber das reale Leben sieht manchmal eben anders aus, als es Ratgeber und Experten vermitteln. Also schreibt sie ihr Tagebuch einer nachhaltigen Golferin.
Es ist kalt. Es liegt Schnee und mein Golfclub postet ein Bild von der Loipe, die wunderbar durch die weiße Idylle führt. Die Schnallen meines rechten Skatingschuhs sind kaputt, also wird es nichts mit der Runde Langlauf. Aber weil wir schon beim Thema Schuhe sind: Ich liebäugle mit dem Kauf schwarzer Golfschuhe, damit sie zu schwarzen Outfits passen. Ich mag farblich passende Schuhe, weshalb sich über die Jahre einige Golfschuhe angesammelt haben, von hellblau bis knallrot.
Mein besseres Ich sagt mir, dass Auftragen statt Neukaufen die Devise ist, dass niemand sieben Paar Golfschuhe braucht und dass es absolut niemandem negativ auffällt, wenn ich weiße Schuhe zu schwarzen Hosen und einem roten Pulli trage.
Mir aber schon.
Es gibt übrigens nicht wirklich nachhaltige Golfschuhe. Schon deshalb nicht, weil verklebte Sohlen und das Gemisch aus Materialien die guten Stücke nicht recycelbar machen. Laut einer Berechnung der Schweizer Unternehmensberatung Quantis kommt ein typisches Par Sneaker auf eine CO2-Bilanz von 13,6 CO2 Kilogramm Äquivalenten. Ich sage nur Plastik, PU und EVA in den Zwischensohlen (beide nicht biologisch abbaubar), Transport wahrscheinlich aus China oder sonst irgendwo weit her.
Um es kurz zu machen: Zehn Minuten Hintergrundrecherche machen aus dem schwarzen Golfschuh ein höchst bedenkliches Gut. Zehn Minuten weitere Hintergrundrecherche ergeben, dass es durchaus Hersteller von nachhaltigen Sportschuhen gibt, bei denen es sich zweifellos um eher kleine Marken handelt. Bei Golfschuhen sieht es aber mau aus. Ich hadere. Die Verbraucherzentrale Hamburg schreibt, ich soll den eigenen Konsum hinterfragen und reduzieren. Sie äußert sich leider nicht zur Frage der farblichen Abstimmung von Klamotten. Aber sie gewinnt mit ihrer Argumentation. Klingt einleuchtend.
Ich klicke die Auswahl schwarzer Schuhe weg vom Bildschirm (ich weiß, Online-Shopping, auch das noch). Es ist Winter und wenn in zwei Wochen statt der Skipiste wieder der Golfplatz geöffnet ist, wird er matschig sein. Zu matschig für neue Schuhe. Also kaufe ich sie nicht.
Jetzt nicht…aber das Frühjahr wird lang und es wird ein Frühjahr der Versuchungen, voller Rabattverkäufe von reduzierten (auch schwarzen) Vorjahresmodellen. Es verbessert sich dann allerdings nur ihr Preis, nicht ihre CO₂-Bilanz und nicht das Recycling. Wie schade…