Kingsbarns Golf Links: Nachhaltigkeit bei Extrem-Belastung
„Wir haben nie über Nachhaltigkeit nachgedacht, aber als das Thema dann aktuell wurde, haben wir festgestellt: Das sind wir ja schon.“ Während der Agronom Paul Miller über das Thema Nachhaltigkeit in Kingsbarns Golf Links laut nachdenkt, steht Innes Knight, Course & Facility Manager, in seinem Büro und zeigt an der Wand auf ein altes Photo vom Bau des Platzes, der im Jahr 2000 zur British Open eröffnete. Auf dem 89 Hektar großen Gelände, das vorwiegend aus Weidelandschaft bestand, schufen Traktoren eine natürliche Dünenlandschaft. Der Ansatz von Kingsbarns-Gründer Mark Parsinen, erklären Knight und Miller, sei es immer gewesen, zuerst eine möglichst natürliche Landschaft zu modellieren , um anschließend darin die richtigen Golf-Löcher zu finden. Auf diese Weise hat sich Kingsbarns in den vergangenen 25 Jahren den Ruf erworben, ein erstklassiger moderner Linkskurs zu sein, der wirkt, als sei er ein alter schottischer Klassiker.
Mit der Umwandlung der Weidelandschaft hat diese an Attraktivität für eine größere Vielfalt an Pflanzen und Tieren gewonnen. Heckenstrukturen und klassisches Waldgebiet finden sich neben Rohbodenflächen und weiten Roughflächen mit mageren Festuca-Gräsern. Wer Glück hat, trifft einen Otter an dem kleinen Bach, das sich durch einige Bahnen schlängelt. Der Platz wirkt ruhig, obwohl neun Monate lang tagtäglich vom ersten Sonnenlicht bis zum Sonnenuntergang ein Vierer-Flight nach dem anderen über die Anlage zieht.
Top-Qualität trotz 30.000 Runden
Die Rundenzahl liegt in neun Monaten bei bei deutlich über 20.000, das Greenfee hat in der Hochsaison 448 Pfund erreicht und das Geschäft brummt. Kingsbarns Golf Links, im Programm GEO umweltzertifiziert, ist eine kommerzielle Anlage in Privatbesitz. Die eigentliche Herausforderung beim Thema Nachhaltigkeit besteht darin, dieses mit extrem hoher Belastung zu kombinieren. Wie schafft es ein Golfplatz bei deutlich mehr als 200 Runden pro Tag mit einem Minimaleinsatz von Chemie und Pflanzenschutzmitteln Top-Qualität herzustellen, um das hohe Greenfee zu rechtfertigen?
Eine klassische Management-Aufgabe, der Innes Knight auf drei Arten begegnet: Kluger Einsatz von ausreichend Personal, erstklassige Ausstattung im Maschinenpark und im Winter jährliche Investitionen in Verbesserungen. Zu letzteren gehört die Solaranlage auf dem Maschinengebäude, die seit 2024 20.000 Kilowattstunden pro Jahr schafft und inzwischen in Greenkeeping die Eigenversorgungsquote beim Strom erhöht. Die Carts sind ohnehin elektrisch, neue Maschinen werden vermehrt in der Elektro-Version angeschafft.
Sparsamer Einsatz von Wasser
Das kritische Thema Wasser, in der Nachhaltigkeitsdebatte im Golfsport führend, hat inzwischen auch Schottland eingeholt. Mehr als 30 Tage ohne Regen im Frühjahr 2025 führten hier früh im Jahr zu braunen Fairways, die ansonsten den typischen Sommer-Look ausmachen. Wieviel Braun verträgt der Kunde, wenn er ein Spitzen-Greenfee bezahlt? Wieviel Bewässerung ist vertretbar, wenn man weiß, dass Grundwasser eine wichtige Ressource ist?
Mit der Konzentration auf die Grüns und wenige andere Spielflächenbereiche, dem hohen Anteil an Fescue-Gräsern und einem Bewässerungsmonitoring auf technisch hohem Niveau, entspricht die jährliche Verbrauchsmenge für den Platz der Hälfte von dem, was US-Plätze zum Teil für eine Spielbahn pro Jahr verwenden. Auf schottischen Linksplätzen ist der Ressourcenverbrauch traditionell gering, der Anspruch an die farbliche Gestaltung der Bahnen ein völlig anderer. Eine Landschaft in Braun- und hellen Grüntönen passt hier weit besser als sattes Dunkelgrün.
Wer morgens um fünf Uhr zusieht, wie sich die Anlage für den Ansturm an Gästen vorbereitet, entdeckt die zwei Vierer-Gruppen, die systematisch über die Fairways ziehen. Divotologist nennt Innes Knight seine Pensionisten mit einem Schmunzeln. Vier Stunden lang sind die acht Männer täglich nur damit beschäftigt, die Divots vom Vortag zu sanden und nachzusäen. „Besser als Bügeln zuhause“, lässt einer von ihnen mit einem Lachen wissen. Die personalintensive Divotpflege ist eine der wichtigsten Grundlagen, um auf einem derartig hoch frequentierten Platz die Qualität der Spielbahnen ohne viel Dünger- und Wassereinsatz hochzuhalten.
Polytunnel mit eigenem Gemüse
Nachhaltigkeitsprojekte sind für den Golfer an sich oft nicht erkennbar. Was auch für den Polytunnel hinter dem Maschinengebäude in Kingsbarns gilt, in dem sich Kräuter und Tomaten, Gemüse aller Art ordentlich in Reihen aufreihen. Hugh Barnier, ebenfalls aus dem Greenkeeping-Team, ist hier seit Jahren damit beschäftigt, den Gemüsenachschub für die Clubgastronomie heranzuziehen. Nein, wirklich geplant hatte er diesen Einsatz nie. „Aber Innes hat irgendwann gesagt, ich soll es mal probieren.“ Seitdem hat er seinen Hang zur Küchengärtnerei entdeckt.
Abends um halb zehn, die allerletzten Flights kommen gerade ins Clubhaus, landen Salatblättchen und Tomaten auf einem der Burger, die eine Gruppe Amerikaner zum Abschluss eines gelungenen Tages bestellt. Nein, sie wissen nichts von dem Polytunnel, der Solaranlage, dem Dünenschutz an Bahn 12 oder dem Versuch, den Plastikkonsum auf der Anlage zu drücken. Was für den Kunden auf einem der Top 100 Plätze der Welt zählt, ist zuallererst ein hochqualitatives Golf-Erlebnis. Wenn sich dies auf nachhaltige Art und Weise erreichen lässt, ist das Ziel erreicht.
Newsletter abonnieren!