Herbert Fritzenwenger ist im Golfsport wie beim Biathlon ein Experte. Nach seiner aktiven Karriere im Biathlon und Langlauf arbeitete er bis 2024 als Kommentator und Experte des ZDF bei Biathlon-Großereignissen. Gleichzeitig ist er aber seit Jahren als Präsident des GC Ruhpolding in seiner Heimat im Chiemgau tätig. Wir wollten von ihm wissen: Was kann der Golfsport eigentlich von den Auswirkungen des Klimawandels auf den Outdoorsport Biathlon lerne?
Wann haben Sie erstmals erlebt, dass das Wetter den Biathlonsport spürbar beeinflusst hat?
Herbert Fritzenwenger: Das war 1989 bei der Weltmeisterschaft in Feistritz, Österreich. Dort wurde die gesamte Veranstaltung auf einem schmalen weißen Band inmitten einer grünbraunen Landschaft durchgeführt. Es war kalt, aber es hat einfach nicht geschneit. Damals wurde der Schnee aus den Bergen herangeschafft – das war schon sehr außergewöhnlich und wurde auch diskutiert.
Ist dieser Anblick für Sie mittlerweile zur Normalität geworden?
Fritzenwenger: Nein, man gewöhnt sich nicht an weiße Bänder im Wintersport. Das bleibt ein unnatürlicher Anblick. Auch wenn es technisch möglich geworden ist, mit Schneedepots und maschineller Beschneiung auszukommen – für mich ist das kein Normalzustand. Wir haben heute starke Schwankungen: In manchen Jahren viel Schnee, in anderen kaum. Aber durch die verbesserte Technik müssen Weltcups kaum noch verlegt werden.
Hat sich die Situation für Austragungsorte im Biathlon in den letzten zehn Jahren verschärft?
Fritzenwenger: Nein, nicht zwingend. Die technischen Möglichkeiten haben vieles kompensiert. Früher wurde bei Schneemangel einfach an andere Orte ausgewichen, heute gleichen Schneedepots und Beschneiungsanlagen das aus – sofern der Veranstalter entsprechend ausgestattet ist.
Sie sind ja auch als Präsident des GC Ruhpolding aktiv – hat Ihr Golfclub genauso mit dem Klimawandel zu kämpfen wie die Austragungsorte im Biathlon, darunter eben auch Ruhpolding?
Fritzenwenger: Unser Golfclub liegt in einer der niederschlagsreichsten Regionen Deutschlands. In den letzten Jahren hatten wir zwar auch Hitzeperioden, aber die Erholung kam schnell, weil wir viel natürlichen Niederschlag haben. Im Gegensatz zu anderen Orten – wie etwa in diesem Frühjahr zum Beispiel Ober- und Unterfranken, wo die Fairways teilweise komplett braun waren – sind wir bislang glimpflich davongekommen.
Würden Sie sagen, der Klimawandel trifft den Biathlon stärker als den Golfsport?
Fritzenwenger: In Deutschland ist Golf sicher stark betroffen – sowohl durch Hitze als auch durch Starkregenereignisse. Biathlon leidet natürlich auch unter Witterungsschwankungen, aber die Wintersportorte sind technisch meist besser gerüstet. Generell ist das Thema Wetter für Golfanlagen mittlerweile eine echte Herausforderung, insbesondere beim Wasserverbrauch.
Die International Biathlon Union gilt als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit. Wie stark ist das Thema tatsächlich im Biathlon präsent?
Fritzenwenger: Sehr präsent – sowohl bei der IBU als auch bei den Aktiven. Die Athleten sind sensibel für das Thema. Es gibt viele Vorgaben für Veranstalter, was Nachhaltigkeit betrifft – von Mülltrennung über Energieversorgung bis hin zur Dokumentation. Die IBU nimmt das ernst und hat viele Standards etabliert.
Liegt diese Sensibilität vielleicht auch an der engen Naturverbundenheit des Wintersports?
Fritzenwenger: Ja, ganz sicher. Biathleten, Langläufer, Kombinierer – sie bewegen sich permanent in der Natur, oft in verschneiten Wäldern Skandinaviens. Das prägt. Außerdem ist es auch eine Generationenfrage: Die jungen Sportler sind heute deutlich wacher, was diese Themen betrifft.