Europas Golfszene ringt ums Wasser
Die Gipfel der Berge im Aosta-Tal sind noch schneebedeckt, als Marco Aquilino, General Manager des italienischen Golfclubs Royal Park I Roveri Anfang März 2023 gedankenvoll zu ihnen hochblickt. „Viel Schnee war da nicht dieses Jahr“, sagt er. „Wir müssen sehen, was der Sommer bringt.“ In seinem Rücken stehen noch vereinzelt Bagger, die dabei sind, die letzten Beregnungsrohre in den 1971 gebauten Golfplatz von Robert Trent Jones Sr. zu legen. Royal Park I Roveri, zweifellos eine der Top-Ten-Anlagen Italiens, hat in diesem Winter das Thema Wassermanagement angepackt, die komplette Beregnungsanlage für die 18 Löcher des Traditionsplatzes erneuert. Die Investition geht in den höheren sechsstelligen Bereich, aber Aquilino weiß, dass das Thema Wasser in den nächsten Jahren beherrschend sein wird. „Bisher bekommen wir das Wasser genehmigt, aber wer weiß, was passiert, wenn es noch knapper wird.“
Wassermanagement wird zum Top-Thema
Die Verfügbarkeit von Wasser wird in der Golfszene zum beherrschenden Thema. Das gilt nicht nur für Länder wie Frankreich und Italien, die derzeit bereits in einer großen Winterdürre stecken, sondern auch für Regionen, die der Golfer landläufig eher mit Regen als mit Dürre in Verbindung gebracht hätte. England zum Beispiel, die Schweiz, Österreich oder den Norden von Deutschland.
Tatsächlich aber hat die Dürre des vergangenen Sommers überall Spuren hinterlassen. „Ich würde sagen, dass das Thema Wasser in diesem Jahr eine viel größere Priorität hat als im letzten Jahr, was wir bei England Golf auch vorantreiben“, resümiert James Owen, Nachhaltigkeitsmanager bei England Golf. „Es besteht die Befürchtung, dass Golfclubs ohne Vorankündigung abgeschaltet werden könnten. Sie müssen darauf vorbereitet sein und bereits jetzt mit der Erstellung langfristiger Pläne beginnen.“
In Frankreich drückt das Thema noch weit mehr. Aufgrund anhaltender Trockenheit herrscht in Pyrénées Orientales, Dombes und Bouches-du-Rhone bereits der Warnzustand „Krise“, in Ardeche und im Westen von Versaille sowie einigen anderen Bezirken gilt „Warnung“. Das aber betrifft Golfplätze direkt, weil hier laut Verordnung „zu bestimmten Zeiten das Bewässern von Gärten, Putting Greens, Golfplätzen oder das Waschen von Autos“ verboten ist. Soweit ist es im italienischen Piemont noch nicht, obwohl auch die Italiener bereits in einigen Regionen in der Winterdürre stecken. Staatliche Begrenzungen aber gibt es für die Golfplätze noch nicht.
„Wir warten auf Neuigkeiten von der Regierung, die in den kommenden Tagen einen Wasserplan einführen will, um alle Beteiligten zu ermutigen Wasser zu sparen“, stellt Maximilian Lambert fest, der für den Bereich Umwelt beim Französischen Golfverband zuständig ist. Die Einschränkungen bei der Wasserentnahme, stellt er fest, kommen früher als 2022.
In Deutschland ist die Situation nicht wesentlich anders: Zwar gibt es derzeit keine neuen staatlichen Verordnungen, aber die Situation bei Wassergenehmigungen und die Kontrolle von Wasserentnahmemengen hat sich deutlich verschärft. Der Deutsche Golf Verband hat bereits vor einigen Jahren eine Wasserbedarfsermittlung für einen durchschnittlichen deutschen 18-Löcher-Platz vorgelegt, die allerdings noch auf Wetterdaten bis zum Jahr 2000 beruht und damit die zunehmenden Dürrejahre noch nicht berücksichtigt. Herauskommt ein durchschnittlicher Beregnungsbedarf von 43.731 m³ Wasser im Jahr pro Platz. Nur zum Vergleich: Auf US-Spitzenanlagen in Arizona und Nevada mit internationalem Anspruch werden auch 700.000 m³ im Jahr verbraucht.
Ist dem Golfer die Wasserkrise bewusst?
„Tja, das Wasser wird halt echt teuer inzwischen“, lautet der Kommentar eines Mitglieds im italienischen La Margara Golf Club, das dort Anfang Februar seine Runden dreht. „Aber, was will man machen“, sagt der Senior, der aus dem schweizerischen Sankt Gallen ins Piemont für den Ruhestand gezogen ist. Noch gibt es ja Wasser, sein Golfspiel ist erst einmal nicht gefährdet.
Tatsächlich aber stellt sich in Europa allerorts die Frage, mit welchem Wasser man in Zukunft Golfplätze beregnet: gesammeltem Wasser aus Drainagen und aus Speicherteichen, Brauchwasser, Grundwasser oder womöglich Trinkwasser? Über letzteres redet in der Golfbranche niemand wirklich gerne. Wohl wissend, dass es zumindest in nahezu allen nordeuropäischen Staaten noch teilweise zum Einsatz kommt, obwohl dies eigentlich als unnachhaltig verpönt ist. Golfanlagen, die mehr als 100.000 Euro, Pfund oder Franken pro Jahr in die Hand nehmen, um ihre Wasserrechnung zu bezahlen, gibt es aber durchaus. Den Verantwortlichen bei den Verbänden aber ist klar: Ein tragbares Zukunftsmodell ist das nicht.
Beregnung mit Trinkwasser zunehmend verpönt
„Bei unserer letzten Studie im Jahr 2013 haben wir festgestellt, dass weniger als zehn Prozent der Plätze noch Trinkwasser verwenden. Es ist ein wesentlicher Teil unserer Strategie, diese Zahl auf ein absolutes Minimum zu reduzieren“, erklärt Lambert.
In der Schweiz, wo in der Öffentlichkeit der Rückgang der Gletscher und die damit verbundenen negativen Folgen für die Versorgung mit Wasser und mit Energie stark diskutiert werden, ist die Besorgung ebenfalls groß. „Das Thema Wasser hat sich nach dem letzten Sommer mit der Dürre auch bei uns in der Prioritätenliste weiter nach vorne geschoben,“ erklärt die Nachhaltigkeitsmanagerin von Swiss Golf, Alicia Moulin. Dabei geht es den Schweizern in erster Linie nun darum, ein klares Bild vom Wasserverbrauch auf den heimischen Golfanlagen zu gewinnen. „Wir arbeiten daran, anonym die Daten zum Wasserverbrauch zu erheben, sodass wir einen Überblick darüber erhalten, wie hoch zum Beispiel der Prozentsatz von Trinkwasser im Rahmen der Beregnung ist“, stellt sie fest.
Tiefgrüner Golfplatz lockt den Greenfeegast
Das Thema Wasser wird gerade in Regionen, die stark touristisch sind, aus einer kurzfristigen Betrachtung heraus auch gerne anders gesehen: Im Wettbewerb um das Saisonmitglied und den Greenfeegast ist ein tiefgrüner Golfplatz unter Umständen von Vorteil. Andreas Leutgeb, Präsident der Austrian Greenkeeper Association, aber hat Bedenken, was die kommende Saison anbelangt: „In Ostösterreich – östliches Niederösterreich, Wien, Burgenland sowie Grazer Becken – gab es kaum bzw. keinen Schnee und auch keine nennenswerten Regenmengen. In den alpinen Regionen ist es besser, aber auch nicht so ergiebig wie früher. Der Gletscherschwund spielt hier auch eine Rolle. Wir sind also gespannt, was passiert“, verweist er auf den kommenden Sommer. „Falls es nicht einmal ein paar Tage ordentlich regnet, wird es knapp.“
Die Aussichten sind nicht rosig, die Anspannung in der europäischen Golfszene ist im Hinblick auf den kommenden Sommer zu spüren. Das gilt vor allem für jene Länder, die bisher mit starkem Wassernotstand wenig zu tun hatten. Während auf der spanischen Insel Mallorca oder in außereuropäischen Staaten wie Marokko die Einbeziehung von recyceltem Wasser bei der Planung einer Golfanlage an der Tagesordnung ist, spielte dieses Thema auch aufgrund der deutlich höheren Investitionskosten in Ländern wie Deutschland, Italien oder Frankreich kaum eine Rolle.
Die Zeiten aber ändern sich. Die Regularien werden strikter. Für die Golfverbände ist Wasser zu einem Top-Thema geworden. Und daran wird sich in den nächsten Jahren mit Sicherheit nichts ändern.